Anordnung des Nationalen Verteidigungsrates der Deutschen Demokratischen Republik über den Wehrdienst der Reservisten
(Reservistenordnung)

Vom 30. Juli 1969


Auf Grund des § 34 des Wehrpflichtgesetzes vom 24. Januar 1962 (GBl. I S. 2) und des § 21 des Verteidigungsgesetzes vom 20. September 1961 (GBl. I S. 175) wird zur Durchführung der §§ 26 bis 30 des Wehrpflichtgesetzes und des § 2 des Verteidigungsgesetzes angeordnet:

Allgemeine Bestimmungen

§ 1

(1) Ungediente Reservisten sind Wehrpflichtige mit Beginn des 18. Lebensjahres bis zur Einberufung zum aktiven Wehrdienst, zum Wehrersatzdienst oder zum Reservistenwehrdienst.
(2) Gediente Reservisten sind Wehrpflichtige, die aktiven Wehrdienst, Wehrersatzdienst oder Reservistenwehrdienst geleistet haben.
(3) Wehrpflichtige, die vom Wehrdienst ausgeschlossen sind, zählen für die entsprechende Zeit nicht zur Reserve der Nationalen Volksarmee. Die Festlegung nach § 31 Abs. 3 Satz 2 des Wehrpflichtgesetzes wird davon nicht berührt.
(4) Weibliche Bürger der Deutschen Demokratischen Republik, die freiwillig gemäß § 7 Abs. 4 der Dienstlaufbahnordnung vom 24. Januar 1962 in der Fassung vom 14. Januar 1966 (GBl. I S. 45) aktiven Wehrdienst in der Nationalen Volksarmee oder Dienst in den Organen des Wehrersatzdienstes geleistet haben, sind bis zur Vollendung des 50. Lebensjahres den gedienten Reservisten gleichgestellt. Sie unterliegen nicht der Mitteilungspflicht über Veränderungen zur Person nach § 5 des Wehrpflichtgesetzes.

§ 2

(1) Durch die Ableistung des aktiven Wehrdienstes oder des Wehrersatzdienstes wird die Zugehörigkeit zur Reserve unterbrochen.
(2) Mit der Entlassung aus dem aktiven Wehrdienst oder dem Wehrersatzdienst werden die Wehrpflichtigen in die Reserve der Nationalen Volksarmee versetzt.
(3) Die Angehörigen der Nationalen Volksarmee oder der Organe des Wehrersatzdienstes werden mit dem zuletzt geführten bzw. mit dem bei der Entlassung aus dem aktiven Wehrdienst oder Wehrersatzdienst erhaltenen Dienstgrad in die Reserve der Nationalen Volksarmee versetzt.

Reservistenwehrdienst

§ 3

(1) Der Reservistenwehrdienst wird in der Regel in der Nationalen Volksarmee durchgeführt.
(2) Der Reservistenwehrdienst kann auch in den Organen des Wehrersatzdienstes geleistet werden. Für die Dauer des Reservistenwehrdienstes in diesen Organen gelten für die Ableistung des Fahneneides, die Dienstgrade, die Ernennung bzw. Beförderung und die Pflichten und Rechte der Reservisten die Bestimmungen der Organe des Wehrersatzdienstes. Im übrigen gelten die Bestimmungen dieser Anordnung entsprechend.
(3) Der Reservistenwehrdienst kann freiwillig abgeleistet werden. Das trifft auf männliche wie auch auf weibliche Bürger der Deutschen Demokratischen Republik zu. Die Dauer des freiwillig zu leistenden Reservistenwehrdienstes kann die im § 28 bzw. § 29 des Wehrpflichtgesetzes genannte Zeit überschreiten.
(4) Für die Einberufung zum Reservistenwehrdienst gelten die Bestimmungen der Musterungsordnung vom 30. Juli 1969 (GBl. I S. 41).

§ 4

Reservisten, die in der Nationalen Volksarmee bzw. in den Organen des Wehrersatzdienstes noch keinen Fahneneid auf die Deutsche Demokratische Republik geleistet haben, leisten diesen nach ihrer ersten Einberufung zum Wehrdienst oder Wehrersatzdienst, soweit nicht § 11 Abs. 2 zutrifft.

§ 5

(1) Die staatlichen Organe, Betriebe, gesellschaftlichen Organisationen oder sonstigen Einrichtungen sind verpflichtet, die Reservisten zur Teilnahme am Reservistenwehrdienst von der Arbeit freizustellen.
(2) Aus der Ableistung des Reservistenwehrdienstes dürfen den Reservisten keine Nachteile hinsichtlich des Arbeitsrechts- bzw. Dienstverhältnisses oder der Zugehörigkeit zu einer sozialistischen Genossenschaft und des Arbeitsplatzes entstehen. Eine Kündigung des Arbeitsrechts- bzw. Dienstverhältnisses während des Reservistenwehrdienstes ist nicht zulässig.

§ 6

Die finanzielle Versorgung der Reservisten während der Ableistung des Reservistenwehrdienstes erfolgt nach den Festlegungen des Ministerrates.*

§ 7

Gediente Reservisten, die weniger als 3 Monate aktiven Wehrdienst oder Wehrersatzdienst geleistet haben, können zur Reservistenausbildung einberufen werden.

§ 8

Die Reservistenübung kann sich unmittelbar an die Reservistenausbildung anschließen, wenn das zur Qualifizierung von Reservisten notwendig ist.

§ 9

Den Reservisten, die zur Überprüfung ihrer Kampffähigkeit und Einsatzbereitschaft nach § 30 des Wehrpflichtgesetzes einberufen werden, ist die Zeit der Überprüfung, die eine Woche übersteigt, auf die gesetzlich zulässige Gesamtdauer der Einberufung zu Reservistenübungen anzurechnen.

§ 10

Während des Reservistenwehrdienstes sind die Reservisten Angehörige der Nationalen Volksarmee bzw. der Organe des Wehrersatzdienstes.

§ 11
Ernennung und Beförderung von Reservisten

(1) Ernennungen oder Beförderungen von Reservisten erfolgen in der Regel während des Reservistenwehrdienstes.
(2) Außerhalb des Reservistenwehrdienstes können gediente oder ungediente Reservisten ernannt bzw. befördert werden, wenn sie die für die vorgesehene Dienststellung notwendige Qualifikation besitzen. Sie sind, soweit das noch nicht geschehen ist, entsprechend der Musterungsordnung vor der Ernennung zu mustern bzw. einer Diensttauglichkeitsuntersuchung zu unterziehen und, soweit sie noch keinen Fahneneid geleistet haben, bei ihrer Ernennung zu vereidigen.

Pflichten und Rechte der Reservisten außerhalb des Reservistenwehrdienstes

§ 12

(1) Die Reservisten sind verpflichtet:
a) stets die Ehre und Würde eines Reservisten der Nationalen Volksarmee zu wahren
b) sich ständig politisch, beruflich und militärisch zu qualifizieren
c) die staatlichen und militärischen Geheimnisse zu wahren. Das trifft auf solche zu, die den Reservisten während des Wehrdienstes, des Wehrersatzdienstes oder zu anderen Anlässen zur Kenntnis gegeben wurden. Für Aussagen über dienstliche Angelegenheiten der bewaffneten Organe der Deutschen Demokratischen Republik vor Gericht, dem Staatsanwalt oder einem Untersuchungsorgan, soweit sie der Geheimhaltung unterliegen, ist die Aussagegenehmigung beim zuständigen Wehrkreiskommando oder bei einer anderen zuständigen Dienststelle einzuholen
d) der Mitteilungspflicht über Veränderungen zur Person gemäß § 5 des Wehrpflichtgesetzes und § 15 der Musterungsordnung nachzukommen
e) den Anordnungen des Wehrkreiskommandos Folge zu leisten
f) die Bekleidung und Ausrüstung, die ihnen übergeben wurde, sorgfältig zu pflegen.

(2) Die staatlichen Organe, Betriebe, gesellschaftlichen Organisationen oder sonstigen Einrichtungen haben die Reservisten bei der Erfüllung ihrer Pflichten nach Abs. 1 zu unterstützen.

§ 13

Die Reservisten haben das Recht:
a) den Antrag auf Übernahme in den aktiven Wehrdienst oder in den Wehrersatzdienst zu stellen
b) ihren Dienstgrad mit dem Zusatz – der Reserve (d. R.) – zu führen
c) verliehene Auszeichnungen und Ehrenzeichen zu tragen.

§ 14

(1) Gediente Reservisten haben das Recht, an Staatsfeiertagen oder bei Empfängen, Festveranstaltungen bzw. Feierlichkeiten der Nationalen Volksarmee oder nach den Festlegungen des Ministers für Nationale Verteidigung bei anderen Anlässen die Uniform der Nationalen Volksarmee zu tragen.
(2) Das Recht, die Uniform der Nationalen Volksarmee zu tragen, kann auf der Grundlage der Disziplinarvorschrift der Nationalen Volksarmee eingeschränkt oder entzogen werden.

§ 15
Beendigung der Zugehörigkeit zur Reserve der Nationalen Volksarmee

(1) Die Zugehörigkeit zur Reserve der Nationalen Volksarmee wird beendet:
a) wenn das Höchstalter der Reserve erreicht wird
b) bei dauernder Dienstuntauglichkeit
c) beim Tod des Wehrpflichtigen.

(2) Offiziere der Reserve, deren Zugehörigkeit zur Reserve gemäß Abs. 1 Buchstaben a und b beendet ist, oder Offiziere, die wegen Erreichung der Altersgrenze oder dauernder Dienstuntauglichkeit aus dem Wehrdienst entlassen werden., führen zu ihrem Dienstgrad den Zusatz – außer Dienst (a. D.) –. Sie haben die gleichen Rechte wie die Offiziere der Reserve.

§ 16
Durchführungs- und militärische Bestimmungen

Durchführungsbestimmungen oder militärische bzw. innerdienstliche Bestimmungen zu dieser Anordnung erlassen:

a) der Minister für Nationale Verteidigung
b) die Leiter der zuständigen zentralen staatlichen Organe in Übereinstimmung mit dem Minister für Nationale Verteidigung.

§ 17
Inkrafttreten

(1) Diese Anordnung tritt am 1. September 1969 in Kraft.
(2) Gleichzeitig treten außer Kraft:
a) die Anordnung des Nationalen Verteidigungsrates der Deutschen Demokratischen Republik vom 24. Januar 1962 über den Wehrdienst der Reservisten (Reservistenordnung) (GBl. I S. 11)
b) die Zweite Durchführungsbestimmung vom 19. April 1963 zur Reservistenordnung (GBl. II S.249)
c) die Dritte Durchführungsbestimmung vom 30. September 1964 zur Reservistenordnung (GBl. II S. 805).


  Berlin, den 30. Juli 1969

Der Vorsitzende
des Nationalen Verteidigungsrates
W. Ulbricht


__________
* Zur Zeit gelten die §§ 10 bis 13 der Besoldungsverordnung vom 24. Januar 1962 (GBl. II S. 49) in der Fassung der Ersten Änderungsverordnung vom 27. Mai 1964 (GBl. II S. 558) und der Zweiten Änderungsverordnung vom 11. November 1965 (GBl. II S.821)

 

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Quelle: Gesetzblatt der Deutschen Demokratischen Republik 1969 I, S. 45-47.


Empfohlene Zitierweise des Dokumentes:
Anordnung des Nationalen Verteidigungsrates der Deutschen Demokratischen Republik über den Wehrdienst der Reservisten (Reservistenordnung) (30.07.1969), in: documentArchiv.de [Hrsg.], URL: http://www.documentArchiv.de/ddr/1969/nva-reservistenordnung_ao.html, Stand: aktuelles Datum.


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