Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutze des inneren Friedens.

Vom 17. März 1932.


Auf Grund des Artikels 48 Abs. 2 der Reichsverfassung wird folgendes verordnet:

A r t i k e l  I
Sicherung des Osterfriedens

§ 1

  (1) Für die Zeit vom 20. März 1932 (Palmsonntag) bis zum 3. April 1932 (Weißer Sonntag) mittags 12 Uhr sind öffentliche politische Veranstaltungen sowie alle politischen Versammlungen und Aufzüge unter freiem Himmel verboten. Als politisch im Sinne dieser Vorschrift gelten alle Versammlungen und Aufzüge, die zu politischen Zwecken oder von politischen Verbindungen oder Vereinigungen veranstaltet werden.
  (2) Für die gleiche Zeit ist jede Art der öffentlichen Verbreitung von Plakaten, Flugblättern und Flugschriften politischen Inhalts verboten. Als öffentlich im Sinne dieser Vorschrift gilt jede Verbreitung, durch die das Plakat oder die Schrift einem nicht geschlossenen Personenkreise zugänglich gemacht wird. Öffentliche politische Versammlungen sowie politische Versammlungen und Aufzüge unter freiem Himmel, die nach Ablauf der Verbotsfrist des Abs. 1 stattfinden sollen, dürfen vom 1. April 1932 ab öffentlich angekündigt werden; für den Inhalt der Ankündigung gilt § 10 Abs. 3 der Verordnung zur Bekämpfung politischer Ausschreitungen vom 28. März 1931 (Reichsgesetzbl. I S. 79)

§ 2

  (1) Wer dem Verbote des § 1 zuwider eine Versammlung oder einen Aufzug veranstaltet, leitet oder dabei als Redner auftritt, wird, soweit nicht die Tat nach anderen Vorschriften mit einer höheren Strafe bedroht ist, mit Gefängnis nicht unter drei Monaten, neben dem auf Geldstrafe erkannt werden kann, bestraft. Wer dem Verbote des § 1 zuwider an einer Versammlung teilnimmt oder den Raum dafür zur Verfügung stellt, wird mit Gefängnis und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft; das gleiche gilt für die Teilnahme an einem nach § 1 verbotenen Aufzug.
  (2) Wer dem Verbote des § 1 zuwider Plakate, Flugblätter oder Flugschriften verbreitet, wird mit Gefängnis bis zu drei Monaten oder mit Geldstrafe bestraft.

A r t i k e l  II

  In der Verordnung zur Bekämpfung politischer Ausschreitungen vom 28. März 1932 (Reichsgesetzbl. I S. 79) erhält

  1. § 10 Abs. 2 die Fassung:

  Plakate und Flugblätter politischen Inhalts sind mindestens vierundzwanzig Stunden, ehe sie in irgendeiner Art öffentlich verbreitet werden, der zuständigen Polizeibehörde zur Kenntnisnahme vorzulegen; als öffentlich im Sinne dieser Vorschrift gilt jede Verbreitung, durch die das Plakat oder das Flugblatt einem nicht geschlossenen Personenkreise zugänglich gemacht wird. Plakate und Flugblätter, die entgegen dieser Vorschrift öffentlich verbreitet werden, können polizeilich beschlagnahmt und eingezogen werden.

  1. § 11 Abs. 1 die Fassung:

  Wer Plakate und Flugblätter politischen Inhalts, die entgegen der Vorschrift des § 10 Abs. 2 der zuständigen Behörde nicht mindestens vierundzwanzig Stunden vor ihrer öffentlichen Verbreitung zur Kenntnisnahme vorgelegt oder die gemäß § 10 Abs. 1 polizeilich verboten worden sind, in irgendeiner Art öffentlich verbreitet, wird mit Gefängnis bis zu drei Monaten oder Geldstrafe bestraft.



  Berlin, den 17. März 1932.


Der Reichspräsident
von Hindenburg

Der Reichskanzler
Dr. Brüning

Der Reichsminister des Innern

Mit Wahrnehmung der Geschäfte beauftragt

Groener

Reichswehrminister

 

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Quelle: Reichsgesetzblatt 1932 I, S. 133.


Empfohlene Zitierweise des Dokumentes:
Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutze des inneren Friedens (17.03.1932), in: documentArchiv.de [Hrsg.], URL: http://www.documentArchiv.de/wr/1932/schutz-innerer-friede_reichspraesident-vo.html, Stand: aktuelles Datum.


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Letzte Änderung: 03.01.2004
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