Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums
in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom 23. Juni 1933.

Vom 23. Juni 1933.[1]


Die Reichsregierung hat das folgende Gesetz beschlossen, das hiermit verkündet wird:

§ 1

  (1) Zur Wiederherstellung eines nationalen Berufsbeamtentums und zur Vereinfachung der Verwaltung können Beamte nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen aus dem Amt entlassen werden, auch wenn die nach dem geltenden Recht hierfür erforderlichen Voraussetzungen nicht vorliegen.
  (2) Als Beamte im Sinne dieses Gesetzes gelten unmittelbare und mittelbare Beamte des Reichs, unmittelbare und mittelbare Beamte der Länder und Beamte der Gemeinden und Gemeindeverbände, Beamte von Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie diesen gleichgestellten Einrichtungen und Unternehmungen. Die Vorschriften finden auch Anwendung auf Bedienstete der Träger der Sozialversicherung, welche die Rechte und Pflichten der Beamten haben.
  (3) Beamte im Sinne dieses Gesetzes sind auch Beamte im einstweiligen Ruhestand.
  (4) Die Reichsbank und die Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft werden ermächtigt, entsprechende Anordnungen zu treffen.

§ 2

  (1) Beamte, die seit dem 9. November 1918 in das Beamtenverhältnis eingetreten sind, ohne die für ihre Laufbahn vorgeschriebene oder übliche Vorbildung oder sonstige Eignung zu besitzen, sind aus dem Dienste zu entlassen. Auf die Dauer von drei Monaten nach der Entlassung werden ihnen ihre bisherigen Bezüge belassen. 
  (2) Ein Anspruch auf Wartegeld, Ruhegeld oder Hinterbliebenenversorgung und auf Weiterführung der Amtsbezeichnung, des Titels, der Dienstkleidung und der Dienstabzeichen steht ihnen nicht zu. 
  (3) Im Falle der Bedürftigkeit kann ihnen, besonders wenn sie für mittellose Angehörige sorgen, eine jederzeit widerrufliche Rente bis zu einem Drittel des jeweiligen Grundgehalts der von ihnen zuletzt bekleideten Stelle bewilligt werden; eine Nachversicherung nach Maßgabe der reichsgesetzlichen Sozialversicherung findet nicht statt. 
  (4) Die Vorschriften des Abs. 2 und 3 finden auf Personen der im Abs. 1 bezeichneten Art, die bereits vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes in den Ruhestand getreten sind, entsprechende Anwendung. 

§ 3

  (1) Beamte, die nicht arischer Abstammung sind, sind in den Ruhestand (§§ 8 ff.) zu versetzen; soweit es sich um Ehrenbeamte handelt, sind sie aus dem Amtsverhältnis zu entlassen.
  (2) Abs. 1 gilt nicht für Beamte, die bereits seit dem 1. August 1914 Beamte gewesen sind oder die im Weltkrieg an der Front für das Deutsche Reich oder für seine Verbündeten gekämpft haben oder deren Vater oder Söhne im Weltkrieg gefallen sind. Weitere Ausnahmen können der Reichsminister des Innern im Einvernehmen mit dem zuständigen Fachminister oder die obersten Landesbehörden für Beamte im Ausland zulassen.

§ 4

  Beamte, die nach ihrer bisherigen politischen Betätigung nicht die Gewähr dafür bieten, daß sie jederzeit rückhaltlos für den nationalen Staat eintreten, können aus dem Dienst entlassen werden. Auf die Dauer von drei Monaten nach der Entlassung werden ihnen ihre bisherigen Bezüge belassen. Von dieser Zeit an erhalten sie drei Viertel des Ruhegeldes (§ 8) und entsprechende Hinterbliebenenversorgung.

§ 5

  (1) Jeder Beamte muß sich die Versetzung in ein anderes Amt derselben oder einer gleichwertigen Laufhahn, auch in ein solches von geringerem Rang und planmäßigem Diensteinkommen - unter Vergütung der vorschriftsmäßigen Umzugskosten - gefallen lassen, wenn es das dienstliche Bedürfnis erfordert. Bei Versetzung in ein Amt von geringerem Rang und planmäßigem Diensteinkommen behält der Beamte seine bisherige Amtsbezeichnung und das Diensteinkommen der bisherigen Stelle.
  (2) Der Beamte kann an Stelle der Versetzung in ein Amt von geringerem Rang und planmäßigem Diensteinkommen (Abs. 1) innerhalb eines Monats die Versetzung in den Ruhestand verlangen.

§ 6

  (1) Zur Vereinfachung der Verwaltung und im Interesse des Dienstes können Beamte in den Ruhestand besetzt werden; auch wenn sie noch nicht dienstunfähig sind; unter den gleichen Voraussetzungen können Ehrenbeamte aus dem Arbeitsverhältnis entlassen werden. Wenn Beamte aus diesen Gründen in den Ruhestand versetzt werden, so dürfen ihre Stellen nicht mehr besetzt werden.
  (2) Abs. 1 Satz 2 findet auf Wahlbeamte der Gemeinden und Gemeindeverbände und auf sonstige Beamte der Gemeinden und Gemeindeverbände in leitender Stellung, die im Interesse des Dienstes in den Ruhestand versetzt werden, keine Anwendung. Ferner kann bei Beamten in Eingangsstellen, die aus diesem Grunde in den Ruhestand versetzt werden, die für das Besoldungswesen allgemein zuständige oberste Reichs- oder Landesbehörde ausnahmsweise die Wiederbesetzung der Stelle zulassen.

§ 7

  (1) Die Entlassung aus dem Amte, die Versetzung in ein anderes Amt und die Versetzung in den Ruhestand wird durch die oberste Reichs- oder Landesbehörde ausgesprochen, die endgültig unter Ausschluß des Rechtsweges entscheidet.
  (2) Die Verfügungen nach §§ 2 bis 6 müssen spätestens am 30. September 1933 zugestellt werden. Die Verfügungen nach §§ 2 bis 4 müssen spätestens am 30. September 1933, die Verfügungen nach §§ 5 und 6 spätestens am 31. März 1934 zugestellt werden. Die Fristen können im Einvernehmen mit dem Reichsminister des Innern durch die zuständige oberste Reichs- oder Landesbehörde verkürzt werden.

§ 8

  Den nach §§ 3, 4 in den Ruhestand versetzten oder entlassenen Beamten wird ein Ruhegeld nicht gewährt, wenn sie nicht mindestens eine zehnjährige Dienstzeit vollendet haben; dies gilt auch in den Fällen, in denen nach den bestehenden Vorschriften der Reichs- oder Landesgesetzgebung Ruhegeld schon nach kürzerer Dienstzeit gewährt wird. §§ 36, 47 und 49 des Reichsbeamtengesetzes, das Gesetz über eine erhöhte Anrechnung der während des Krieges zurückgelegten Dienstzeit vom 4. Juli 1921 (Reichsgesetzbl. S. 825) und die entsprechenden Vorschriften der Landesgesetze bleiben unberührt.

§ 9

  (1) Den nach §§ 3, 4 in den Ruhestand versetzten oder entlassenen Beamten darf bei der Berechnung der ruhegeldfähigen Dienstzeit, abgesehen von den Dienstzeit, die sie in ihrem letzten Anstellungsverhältnis zurückgelegt haben, nur eine Dienstzeit im Reichs-, Landes- und Gemeindedienst nach den bestehenden Vorschriften angerechnet werden. Die Anrechnung auch dieser Dienstzeit ist nur zulässig, wenn sie mit der zuletzt bekleideten Stelle nach Vorbildung und Laufbahn in Zusammenhang steht; ein solcher Zusammenhang liegt insbesondere vor, wenn der Aufstieg eines Beamten aus einer niedrigen Laufbahn in eine höhere als ordnungsmäßige Beförderung anzusehen ist. Würde der Beamte in einer früheren nach Vorbildung und Eignung ordnungsmäßig erlangten Stellung unter Hinzurechnung der späteren Dienstjahre ein höheres Ruhegeld erlangt haben, so greift die für ihn günstigere Regelung Platz.
  (2) Die Anrechnung der Dienstzeit bei den öffentlich-rechtlichen Körperschaften sowie den diesen gleichgestellten Einrichtungen und Unternehmungen regeln die Ausführungsbestimmungen.
  (3) Festsetzungen und Zusicherungen ruhegeldfähiger Dienstzeit, die der Durchführung der Vorschriften des Abs. 1 entgegenstehen, treten außer Kraft.
  (4) Härten können bei Beamten des Reichs und der der Reichsaufsicht unterliegenden öffentlich-rechtlichen Körperschaften, Einrichtungen und Unternehmungen der Reichsminister des Innern im Einvernehmen mit dem Reichsminister des Finanzen, bei anderen Beamten die obersten Landesbehörden ausgleichen.
  (5) Abs. 1 bis 4 sowie § 8 finden auch auf solche Beamte Anwendung, die schon vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes in den Ruhestand oder in den einstweiligen Ruhestand getreten sind und auf die die §§ 2 bis 4 hätten angewandt werden können, wenn die Beamten beim Inkrafttreten dieses Gesetzes noch im Dienst gewesen wären. Die Neufestsetzung der ruhegeldfähigen Dienstzeit und des Ruhegeldes oder des Wartegeldes hat spätestens bis zum 30. September 1933 mit Wirkung vom 1. Oktober 1933 an zu erfolgen.

§ 10

  (1) Richtlinien, die für die Höhe der Besoldung vom Beamten aufgestellt sind, werden der Berechnung der Dienstbezüge und des Ruhegeldes zugrunde gelegt. Liegen Entscheidungen der zuständigen Behörde über die Anwendung der Richtlinien noch nicht vor, so haben die unverzüglich zu ergehen.
  (2) Haben Beamten nach der Entscheidung der zuständigen Behörde über die Anwendung der Richtlinien höhere Bezüge erhalten, als ihnen hiernach zustanden, so haben sie die seit 1. April 1932 empfangenen Mehrbeträge an die Kasse zu erstatten, aus der die Bezüge gewährt worden sind. Der Einwand der nicht mehr bestehenden Bereicherung (§ 812 ff. BGB.) ist ausgeschlossen.
  (3) Abs. 1 und 2 gilt auch für Personen, die innerhalb eines Jahres vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes in den Ruhestand getreten sind.

§ 11

  (1) Sind bei der Festsetzung eines Besoldungsdienstalters Beamten, die auf Grund der §§ 3, 4 ausscheiden, Beschäftigungen außerhalb des Reichs-, Landes- oder Gemeindienstes angerechnet worden, so ist das Besoldungsdienstalter neu festzusetzen. Dabei darf nur eine Beschäftigung im Reichs-, Landes- oder Gemeindedienst oder, nach Maßgabe der Ausführungsbestimmungen, im Dienst der öffentlich-rechtlichen Körperschaften sowie diesen gleichgestellten Einrichtungen und Unternehmungen angerechnet werden. Ausnahmen können für Reichsbeamte der Reichsminister des Innern im Einvernehmen mit dem Reichsminister der Finanzen, für andere Beamte die oberste Landesbehörde zulassen.
  (2) Kommt nach Abs. 1 eine Neufestsetzung des Besoldungsdienstalters in Betracht, so ist bei den nach §§ 3, 4 in den Ruhestand versetzten oder entlassenen Beamten die Neufestsetzung jedenfalls mit der Festsetzung des Ruhegeldes vorzunehmen.
  (3) Dasselbe gilt für die in § 9 Abs. 5 genannten Personen.

§ 12

  (1) Die Bezüge der seit dem 9. November 1918 ernannten Reichsminister (Staatssekretäre, Besoldungsgruppe B 6 alt), die nicht nach den Vorschriften der §§ 16 bis 24 des Reichsministergesetzes vom 27. März 1930 (Reichsgesetzbl. I S. 96) berechnet sind, sind neu festzusetzen. Bei der Neufestsetzung sind die genannten Vorschriften des Reichsministergesetzes so anzuwenden, als ob sie seit dem 9. November 1918 in Kraft gewesen wären. Hiernach seit dem 1. April 1932 zuviel empfangene Bezüge sind zurückzuzahlen. Der Einwand der nicht mehr bestehenden Bereicherung (§ 812 ff. BGB.) ist unzulässig.
  (2) Abs. 1 findet auf die seit dem 9. November 1918 ernannten Mitglieder einer Landesregierung mit der Maßgabe Anwendung, daß an die Stelle des Reichsministergesetzes die entsprechenden Vorschriften der Landesgesetze treten, jedoch Bezüge nur bis zu der Höhe gezahlt werden dürfen, die sich bei der Anwendung der Grundsätze der §§ 16 bis 24 des Reichsministergesetzes ergibt.
  (3) Die Neufestsetzung der Bezüge hat bis zum 31. Dezember 1933 zu erfolgen.
  (4) Höhere Bezüge, als nach den am 31. März 1933 geltenden Vorschriften zustehen, werden nicht gewährt. Dies gilt nicht für das Übergangsgeld nach § 17 des Reichsministergesetzes ; Nachzahlungen an Übergangsgeld finden jedoch nicht statt.

§ 13

  Die Hinterbliebenenbezüge werden unter entsprechender Anwendung der §§ 8 bis 12 berechnet.

§ 14

  (1) Gegen die auf Grund dieses Gesetzes in den Ruhestand versetzten oder entlassenen Beamten ist auch nach ihrer Versetzung in den Ruhestand oder nach ihrer Entlassung die Einleitung eines Dienststrafverfahrens wegen der während des Dienstverhältnisses begangenen Verfehlungen mit dem Ziele der Aberkennung des Ruhegeldes, der Hinterbliebenenversorgung, der Amtbezeichnung, des Titels, der Dienstkleidung und des Dienstabzeichens zulässig. Die Einleitung des Dienststrafverfahrens muß spätestens am 31. Dezember 1933 erfolgen.
  (2) Abs. 1 gilt auch für Personen, die innerhalb eines Jahres vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes in den Ruhestand getreten sind und auf die die §§ 2 bis 4 anzuwenden gewesen wären, wenn dieses Personen beim Inkrafttreten dieses Gesetzes noch im Dienst gewesen wären.

§ 15

  Auf Angestellte und Arbeiter finden die Vorschriften über Beamte sinngemäße Anwendung.
Das Nähere regeln die Ausführungsbestimmungen.

§ 16

  Ergeben sich bei der Durchführung dieses Gesetzes unbillige Härten, so können im Rahmen der allgemeinen Vorschriften höhere Bezüge oder Übergangsgelder gewährt werden. Die Entscheidung hierüber treffen für Reichsbeamte der Reichsminister des Innern im Einvernehmen mit dem Reichsminister der Finanzen, im übrigen die obersten Landesbehörden.

§ 17

  (1) Der Reichsminister des Innern erläßt im Einvernehmen mit dem Reichsminister der Finanzen die zur Durchführung und Ausführung dieses Gesetzes erforderlichen Rechtsverordnungen und allgemeine Verwaltungsvorschriften.
  (2) Erforderlichenfalls erlassen die obersten Landesbehörden ergänzende Vorschriften. Sie haben sich dabei im Rahmen der Reichsvorschriften zu halten.

§ 18

  Mit Ablauf der im diesem Gesetze bestimmten Fristen werden, unbeschadet der auf Grund des Gesetzes getroffenen Maßnahmen, die für das Berufbeamtentum geltenden allgemeinen Vorschriften wieder voll wirksam.


  Berlin, den 7. April 1933.

Der Reichskanzler
Adolf Hitler

Der Reichsminister des Innern
Frick

Der Reichsminister der Finanzen
Graf Schwerin von Krosigk

 

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Anmerkung:
[1] Die Änderungen des Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom 23.06.1933 sollten mit Wirkung vom 8. April 1933 ab in Kraft treten.


Quelle: Reichsgesetzblatt 1933 I, S. 175-177, 389.


Empfohlene Zitierweise des Dokumentes:
Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom 23. Juni 1933 (23.06.1933), in: documentArchiv.de [Hrsg.], URL: http://www.documentArchiv.de/ns/1933/berufsbeamtentum_ges01.html, Stand: aktuelles Datum.


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Letzte Änderung: 03.02.2004
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