Gesetz über die vorläufige Verwaltung des Saarlandes.

Vom 30. Januar 1935.


  Das Treuebekenntnis vom 13. Januar 1935 hat bestätigt, daß das deutsche Saarvolk mit der Deutschen Nation eine unlösliche Einheit bildet. Um die Verwaltung des Saarlandes in die Verwaltung des Reich wieder einzufügen, hat die Reichsregierung das folgende Gesetz beschlossen, das hiermit verkündet wird:

§ 1

  (1) An der Spitze der Verwaltung des Saarlandes steht bis zur Eingliederung in einen Reichsgau der Reichskommissar für die Rückgliederung des Saarlandes mit dem Amtssitz in Saarbrücken. Der Reichskommissar wird vom Führer und Reichskanzler ernannt.
  (2) Der Reichskommissar ist der ständige Vertreter der Reichsregierung im Saarland. Er hat die Aufgabe, für die Beobachtung der vom Führer und Reichskanzler aufgestellten Richtlinien der Politik zu sorgen. Er ist befugt, sich von sämtlichen Reichsbehörden und von den Dienststellen der unter Aufsicht des Reichs stehenden öffentlich-rechtlichen Körperschaften innerhalb des Saarlandes unterrichten zu lassen, sie auf die maßgebenden Gesichtspunkte und die danach erforderlichen Maßnahmen aufmerksam zu machen, sowie bei Gefahr im Verzuge einstweilige Anordnungen zu treffen; die gleichen Befugnisse hat im Falle seiner Behinderung sein allgemeiner Vertreter; auf andere Beamte kann der Reichskommissar diese Befugnisse nicht übertragen.
  (3) Der Reichskommissar vertritt auf den ihm zugewiesenen Verwaltungsgebieten das Reich gerichtlich und außergerichtlich.

§ 2

  Dem Reichskommissar werden ein Regierungspräsident als allgemeiner Vertreter und die erforderlichen Reichsbeamten beigegeben.

§ 3

  (1) Dem Reichskommissar werden sämtliche Verwaltungsgebiete zugewiesen, für die nicht die Zuständigkeit der Reichszentralbehörden gegeben, oder die Zuständigkeit anderer Behörden ausdrücklich begründet ist.
  (2) Der zuständige Reichsminister kann im Einvernehmen mit dem Reichsminister des Innern Abweichungen anordnen.
  (3) Der Reichskommissar hat auf den ihm zugewiesenen Verwaltungsgebieten die Aufgaben und Zuständigkeiten der höheren Verwaltungsbehörde und ist Landespolizeibehörde; er übernimmt die Aufgaben der Provinzialverwaltung und des Landesfürsorgeverbandes. Der Reichskommissar führt seine Geschäfte unter der Leitung der Reichsminister und unter der Dienstaufsicht des Reichsministers des Innern.
  (4) Dem Reichskommissar werden angegliedert: der Bezirksausschuß, das Regierungsforstamt, die Oberversicherungsämter, das Versorgungsgericht und die Landesversicherungsanstalt. Die zuständigen Reichsminister regeln den Aufbau dieser Behörden.
  (5) Dem Reichskommissar werden als Kreiskassen die bestehenden Kreis- und Forstkassen unterstellt.

§ 4

  (1) Besondere Behörden im Sinne des § 3 Abs. 1 sind:
  1. für die Abgabenverwaltung, soweit es sich nicht um Abgaben der Gemeinden, Gemeindeverbände und juristischer Personen des öffentlichen Rechts handelt, der Präsident des Landesfinanzamts in Würzburg,
  2. für die Arbeitsverwaltung das Landesarbeitsamt Rheinland in Köln,
  3. für die Justizverwaltung der Oberlandesgerichtspräsident und der Generalstaatsanwalt bei dem Oberlandesgericht in Köln,
  4. für das Versorgungswesen das Hauptversorgungsamt in Koblenz,
  5. für die Deutsche Reichspost die Reichspostdirektion in Saarbrücken,
  6. für die Berghoheitsverwaltung das Oberbergamt in Bonn,
  7. für die Reichswasserstraßen-Verwaltung der Oberpräsident (Rheinstrombau-Verwaltung) in Koblenz,
  8. für die Reichsluftfahrtverwaltung das Luftamt in Darmstadt,
  9. für die Eichverwaltung die Eichungsdirektion in Köln,
  10. der Treuhänder der Arbeit für das Wirtschaftsgebiet Saar-Pflalz mit dem Sitze in Saarbrücken.

  (2) Für das Landesfinanzamt in Würzburg und das Landesarbeitsamt Rheinland in Köln werden in Saarbrücken Zweigstellen eingerichtet.
  (3) Der zuständige Reichsminister kann im Einvernehmen mit dem Reichsminister des Innern die vorstehenden Zuständigkeiten ändern oder ergänzen.

§ 5

  Die Behörden und Einrichtungen des Saarlandes werden, soweit sie nicht Behörden und Einrichtungen der Gemeinden, der Gemeindeverbände oder der Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts sind, oder soweit nicht ausdrücklich anderes bestimmt wird, Reichsbehörden und Reichseinrichtungen. Die Beamten dieser Behörden und Einrichtungen sind unmittelbare Reichsbeamte; der zuständige Reichsminister kann im Einvernehmen mit dem Reichsminister des Innern eine abweichende oder ergänzende Regelung treffen. Die Lehrer an öffentlichen Schulen haben die Rechte und Pflichten von Reichsbeamten.

§ 6

  Es fallen fort die Zentralverwaltung, der Landesrat, der Studienausschuß, der Oberste Gerichtshof, der Oberste Disziplinarrat, das Revisionsgericht für Mietstreitigkeiten, der Verwaltungsausschuß, das Oberverwaltungsgericht, der Kompetenzkonfliktsgerichtshof für das Saargebiet, das Landesversicherungsamt für das Saargebiet, das Aufsichtsamt für Privatversicherung, die Arbeitskammer, das Berggewerbegericht und die Berghoheitsbehörden.

§ 7

(1) Die zuständigen Reichsminister bestimmen im Einvernehmen mit dem Reichsminister des Innern tunlichst nach Anhörung des Reichskommissars, durch Rechtsverordnung

a) in welchem Umfange und zu welchem Zeitpunkt das bisher im Saarland geltende Recht außer Kraft tritt,
b) in welchem Umfange und zu welchem Zeitpunkt das im Reich geltende Recht im Saarland eingeführt wird,
c) in welchem Umfange und zu welchem Zeitpunkt im Saarland geltendes Recht geändert oder vereinheitlicht wird,
d) in welcher Weise die Verwaltung des Saarlandes im einzelnen in die Verwaltung des Reichs übergeleitet wird.
Dabei können von den bestehenden Gesetzen abweichende oder ergänzende Vorschriften erlassen werden.

  (2) Die zuständigen Reichsminister können im Einvernehmen mit dem Reichsminister des Innern auf bestimmt zu bezeichnenden Gebieten ihre im Abs. 1 a bis c genannten Befugnisse dem Reichskommissar übertragen. Die Rechtsverordnungen des Reichskommissars werden im Amtsblatt des Reichskommissars veröffentlicht; sie treten, soweit nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt wird, mit dem auf die Verkündigung im Amtsblatt folgenden Tage in Kraft.

§ 8

  Der Reichsminister des Innern erläßt im Einvernehmen mit den zuständigen Reichsministern, tunlichst nach Anhörung des Reichskommissars, die zur Ausführung und Ergänzung des Gesetzes erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften.

§ 9

  Der Reichsminister der Finanzen wird ermächtigt, die zur Verwaltung des Saarlandes notwendigen Ausgaben zu leiten und die erforderlichen Einnahmen zu erheben. Er kann hierbei von den Vorschriften der Reichshaushaltsordnung abweichen.

§ 10

  Das Gesetz tritt mit dem auf die Verkündung folgenden Tage, im Saarland mit dem 1. März 1935 in Kraft.


  Berlin, den 30. Januar 1935.

Der Führer und Reichskanzler
Adolf Hitler

Der Reichsminister des Innern
Frick

 

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Quelle: Reichsgesetzblatt 1935 I, S. 66-68.


Empfohlene Zitierweise des Dokumentes:
Gesetz über die vorläufige Verwaltung des Saarlandes (30.01.1935), in: documentArchiv.de [Hrsg.], URL: http://www.documentArchiv.de/ns/1935/saarland_verw_ges.html, Stand: aktuelles Datum.


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Letzte Änderung: 03.02.2004
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