Reichswahlgesetz.

Vom 27. April 1920.


  Die verfassunggebende Deutsche Nationalversammlung hat das folgende Gesetz beschlossen, das nach Zustimmung des Staatenausschusses hiermit verkündet wird:


I. Wahlrecht und Wählbarkeit

§ 1

  [1] Reichstagswähler ist, wer am Wahltag Reichsangehöriger und zwanzig Jahre alt ist.
  [2] Jeder Wähler hat eine Stimme.

§ 2

  [1] Ausgeschlossen vom Wahlrecht ist,
  1. wer entmündigt ist oder unter vorläufiger Vormundschaft oder wegen geistigen Gebrechens unter Pflegschaft steht,
  2. wer rechtskräftig durch Richterspruch die bürgerlichen Ehrenrechte verloren hat.

  [2] Die Ausübung des Wahlrechts ruht für die Soldaten während der Dauer der Zugehörigkeit zur Wehrmacht.

  [3] Behindert in der Ausübung ihres Wahlrechts sind Personen, die wegen Geisteskrankheit oder Geistesschwäche in einer Heil- oder Pflegeanstalt untergebracht sind, ferner Straf- und Untersuchungsgefangene sowie Personen, die infolge gerichtlicher oder polizeilicher Anordnung in Verwahrung gehalten werden. Ausgenommen sind Personen, die sich aus politischen Gründen in Schutzhaft befinden.

§ 3

  Wählen kann nur, wer in eine Wählerliste oder Wahlkartei eingetragen ist oder einen Wahlschein hat.

§ 4

  Wählbar ist jeder Wahlberechtigte, der am Wahltag fünfundzwanzig Jahre alt und seit mindestens einem Jahre Reichsangehöriger ist.

§ 5

  [1] Ein Abgeordneter verliert seinen Sitz
  1. durch Verzicht,
  2. durch nachträglichen Verlust des Wahlrechts,
  3. durch strafgerichtliche Aberkennung der Rechte aus öffentlichen Wahlen,
  4. durch Ungültigkeitserklärung der Wahl oder sonstiges Ausscheiden beim Wahlprüfungsverfahren,
  5. durch nachträgliche Änderung des Wahlergebnisses.
  [2] Der Verzicht ist dem Reichstagspräsidenten zu erklären; er kann nicht widerrufen werden.


II. Wahlvorbereitung

§ 6

  Der Reichspräsident bestimmt den Tag der Hauptwahl (Wahltag).

§ 7

  Die Wahlkreiseinteilung und die Bildung von Wahlkreisverbänden regelt die Anlage.

§ 8

  Zur Vorprüfung und Feststellung der Wahlergebnisse im ganzen Reichsgebiet ernennt der Reichsminister des Innern einen Reichswahlleiter und einen Stellvertreter.

§ 9

  Für die Stimmabgabe wird jeder Wahlkreis in Wahlbezirke geteilt, die möglichst mit den Gemeinden zusammenfallen. Große Gemeinden können in mehrere Wahlbezirke zerlegt, kleine Gemeinden oder Teile von Gemeinden mit benachbarten Gemeinden oder Gemeindeteilen zu einem Wahlbezirk vereinigt werden.

§ 10

  [1] Für jeden Wahlbezirk wird ein Wahlvorsteher und ein Stellvertreter ernannt.
  [2] Der Wahlvorsteher beruft aus den Wählern des Wahlbezirks drei bis sechs Beisitzer und einen Schriftführer.
  [3] Wahlvorsteher, Beisitzer und Schriftführer bilden den Wahlvorstand.

§ 11

  [1] In jedem Wahlbezirke wird für die dort wohnhaften Wähler eine Wählerliste oder Wahlkartei angelegt.
  [2] Wahlberechtigte Staatsbeamte, Arbeiter in Staatsbetrieben, die ihren Wohnsitz im Ausland nahe der Reichsgrenze haben, und wahlberechtigte Angehörige ihres Hausstandes werden auf Antrag in die Wählerliste oder Wahlkartei einer benachbarten deutschen Gemeinde eingetragen.
  [3] Die Wahlordnung bestimmt, unter welchen Voraussetzungen Wähler auf ihren Antrag in der Wählerliste oder Wahlkartei zu streichen und mit einem Wahlschein zu versehen sind.

§ 12

  [1] Die Wählerlisten und Wahlkarteien werden spätestens vier Wochen vor dem Wahltag acht Tage lang öffentlich ausgelegt. Die Gemeindebehörde gibt Ort und Zeit öffentlich bekannt und weist auf die Einspruchsfrist hin.
  [2] Einsprüche sind bis zum Ablauf der Auslegungsfrist bei der Gemeindebehörde anzubringen und innerhalb der nächsten vierzehn Tage zu erledigen. Hierauf werden die Listen oder Karteien geschlossen.

§ 13

  Der Wähler kann nur in dem Wahlbezirke wählen, in dessen Wählerliste oder Wahlkartei er eingetragen ist. Inhaber von Wahlscheinen können in jedem beliebigen Wahlbezirke wählen.

§ 14

  [1] Für jeden Wahlkreis werden ein Kreiswahlleiter und ein Stellvertreter ernannt.
  [2] Beim Kreiswahlleiter sind spätestens am einundzwanzigsten Tage vor dem Wahltag die Kreiswahlvorschläge einzureichen.
  [3] Die Kreiswahlvorschläge müssen von mindestens fünfzig Wählern des Wahlkreises unterzeichnet sein. Die Namen der Bewerber müssen in erkennbarer Reihenfolge aufgeführt sein.
  [4] In den Wahlvorschlag darf nur aufgenommen werden, wer seine Zustimmung dazu erklärt hat. Die Erklärung muß spätestens am einundzwanzigsten Tage vor dem Wahltag dem Kreiswahlleiter eingereicht sein; andernfalls wird der Bewerber gestrichen.
  [5] In dem einzelnen Wahlkreis darf ein Bewerber nur einmal vorgeschlagen werden.

§ 15

  [1] Für jeden Wahlkreisverband werden ein Verbandswahlleiter und ein Stellvertreter ernannt.
  [2] Innerhalb eines Wahlkreisverbandes können mehrere Kreiswahlvorschläge miteinander verbunden werden. Die Verbindung ist nur dann wirksam, wenn dieses Kreiswahlvorschläge derselben Reichswahlliste angeschlossen sind.
  [3] Die Verbindung muß von den auf den Kreiswahlvorschlägen bezeichneten Vertrauenspersonen oder deren Stellvertretern übereinstimmend, spätestens am vierzehnten Tage vor dem Wahltag dem Leiter des Wahlkreisverbandes schriftlich erklärt werden.

§ 16

  [1] Beim Reichswahlleiter können, und zwar spätestens am sechzehnten Tage vor der Wahl, Reichswahlvorschläge eingereicht werden. Sie müssen von mindestens zwanzig Wählern unterzeichnet sein. Die Namen der Bewerber müssen in erkennbarer Reihenfolge aufgeführt sein.
  [2] In den Wahlvorschlag darf nur aufgenommen werden, wer seine Zustimmung dazu erklärt hat. Die Erklärung muß spätestens am sechzehnten Tage vor dem Wahltag beim Reichswahlleiter eingegangen sein; andernfalls wird der Bewerber gestrichen.
  [3] Ein Bewerber darf nur in einem Reichswahlvorschlage benannt werden. Die Benennung in einem Reichswahlvorschlage schließt die Benennung in einem Kreiswahlvorschlage nicht aus, wenn die Erklärung nach § 18 sich auf diesen Reichswahlvorschlag bezieht.

§ 17

  [1] In jedem Kreis- und Reichswahlvorschlage muß ein Vertrauensmann und ein Stellvertreter bezeichnet werden, die zur Abgabe von Erklärungen gegenüber dem Kreiswahlleiter und den Wahlausschusse, bei Reichswahlvorschlägen gegenüber dem Reichswahlleiter und dem Reichswahlausschusse bevollmächtigt sind. Fehlt diese Bezeichnung, so gilt der erste Unterzeichner als Vertrauensmann, der zweite als sein Stellvertreter.
  [2] Erklärt mehr als die Hälfte der Unterzeichner eines Wahlvorschlags schriftlich, daß der Vertrauensmann oder sein Stellvertreter durch einen anderen ersetzt werden soll, so tritt dieser an die Stelle des früheren Vertrauensmanns, sobald die Erklärung dem Wahlleiter zugeht.

§ 18

  Für die Kreiswahlvorschläge kann erklärt werden, daß ihre Reststimmen einem Reichswahlvorschlage zuzurechnen sind. Die Erklärung muß spätestens am zehnten Tage vor dem Wahltag beim Kreiswahlleiter eingereicht sein. Sonst scheiden die Reststimmen des Wahlkreises beim Zuteilungsverfahren für das Reich aus.

§ 19

  Eine telegraphische Erklärung gilt als schriftliche Erklärung im Sinne des § 14 Abs. 2, 4, § 15 Abs. 3, § 16 Abs. 1, § 18, wenn sie durch eine spätestens am zweiten Tage nach Ablauf der Frist eingegangene schriftliche Erklärung bestätigt wird.

§ 20

  [1] Zur Prüfung der Kreiswahlvorschläge wird für jeden Wahlkreis ein Wahlausschuß gebildet, der aus dem Kreiswahlleiter als Vorsitzenden und vier Beisitzern besteht, die dieser aus den Wählern beruft. Der Wahlausschuß beschließt mit Stimmenmehrheit.
  [2] Die Wahlvorschläge können nach ihrer Festsetzung nicht mehr geändert oder zurückgenommen werden.

§ 21

  [1] Zur Prüfung der Verbindungserklärungen wird im Bedarfsfall für jeden Wahlkreisverband ein Verbandswahlausschuß gebildet, der aus dem Verbandswahlleiter als Vorsitzenden und vier Beisitzern besteht, die dieser aus den Wählern beruft. Der Verbandswahlausschuß beschließt mit Stimmenmehrheit.
  [2] Der Verbandswahlleiter teilt die Verbindungserklärungen so, wie sie zugelassen sind, den Kreiswahlleitern der beteiligten Wahlkreise mit.

§ 22

  [1] Zur Prüfung der Reichswahlvorschläge wird ein Reichswahlausschuß gebildet, der aus dem Reichswahlleiter als Vorsitzenden und sechs Beisitzern, die dieser aus den Wählern beruft. Der Reichswahlausschuß beschließt mit Stimmenmehrheit.
  [2] Der Reichswahlleiter veröffentlicht die Reichswahlvorschläge so, wie sie zugelassen sind, in fortlaufender Nummernfolge. Die Veröffentlichung soll spätestens am dreizehnten Tage vor dem Wahltag erfolgen. Nach der Veröffentlichung können die Reichswahlvorschläge nicht mehr geändert oder zurückgenommen werden.

§ 23

  Der Kreiswahlleiter gibt spätestens am vierten Tage vor der Wahl die Kreiswahlvorschläge samt Verbindungserklärungen sowie die Reichswahlvorschläge, denen sich Wahlvorschläge aus dem Wahlkreis angeschlossen haben, in der zugelassenen Form öffentlich bekannt.

§ 24

  [1] Der Stimmzettel darf nur Namen aus einem einzigen Kreiswahlvorschlag enthalten. Ein Name genügt.
  [2] An Stelle der Namen oder neben ihnen darf der Stimmzettel auch die Bezeichnung des Kreiswahlvorschlags mit der Nummer aus der amtlichen Bekanntgabe enthalten.

§ 25

  [1] Die Angabe einer Partei auf dem Stimmzettel wird nicht beachtet.
  [2] Weitere Angaben machen den Stimmzettel ungültig.


III. Wahlhandlung und Ermittlung des Wahlergebnisses

§ 26

  Wahlhandlung und Ermittlung des Wahlergebnisses sind öffentlich.

§ 27

  Gewählt wird mit Stimmzetteln in amtlich gestempelten Umschlägen. Abwesende können sich weder vertreten lassen noch sonst an der Wahl teilnehmen.

§ 28

  Über die Gültigkeit der Stimmzettel entscheidet der Wahlvorstand mit Stimmenmehrheit. Bei Stimmengleichheit gibt der Wahlvorsteher den Ausschlag. Nachprüfung im Wahlprüfungsverfahren bleibt vorbehalten.

§ 29

  Zur Ermittlung des Wahlergebnisses stellt der Wahlausschuß fest, wieviel gültige Stimmen abgegeben sind und wieviel davon auf jeden Kreiswahlvorschlag entfallen.

§ 30

  Jedem Kreiswahlvorschlage werden soviel Abgeordnetensitze zugewiesen, daß je einer auf 60.000 für ihn abgegebene Stimmen kommt. Stimmen, deren Zahl für die Zuteilung eines oder eines weiteren Abgeordnetensitzes an einen Kreiswahlvorschlag nicht ausreicht (Reststimmen), werden, soweit sie auf verbundene Wahlvorschläge gefallen sind, dem Wahlverbandsausschusses und, soweit sie auf Wahlvorschläge gefallen sind, die nur einem Reichswahlvorschlag angeschlossen sind, dem Reichswahlausschusses zur Verwertung überwiesen.

§ 31

  [1] Der Verbandswahlausschuß zählt die im Wahlkreisverband auf die verbundenen Wahlvorschläge gefallenen Reststimmen zusammen. Auf je 60.000 in dieser Weise gewonnener Reststimmen entfällt ein weiterer Abgeordnetensitz. Diese Sitze werden den Kreiswahlvorschlägen nach der Zahl ihrer Reststimmen zugeteilt. Hierbei bleiben jedoch die Reststimmen unberücksichtigt, wenn nicht wenigstens auf einen der verbundenen Kreiswahlvorschläge 30.000 Stimmen abgegeben sind. Bei gleicher Zahl von Reststimmen auf mehreren Kreiswahlvorschläge entscheidet über die Reihenfolge das Los.
  [2] Die bei der Verrechnung der Reststimmen im Wahlkreisverbande nicht verbrauchten oder nicht berücksichtigten Reststimmen werden ihrem Reichswahlvorschlag überwiesen.

§ 32

  Der Reichswahlausschuß zählt die in allen Wahlkreisen oder Wahlkreisverbänden auf die Reichswahlvorschläge gefallenen Reststimmen zusammen und teilt jedem Reichswahlvorschlag auf je 60.000 Reststimmen einen Abgeordnetensitz zu. Ein Rest von mehr als 30.000 Stimmen wird vollen 60.000 gleichgeachtet. Einem Reichswahlvorschlage kann höchstens die gleiche Zahl der Abgeordnetensitze zugeteilt werden, die auf die ihm angeschlossenen Kreiswahlvorschläge entfallen sind.

§ 33

  Die Abgeordnetensitze werden auf die Bewerber nach ihrer Reihenfolge in den Wahlvorschlägen verteilt.

§ 34

  [1] Wenn ein Kreiswahlvorschlag weniger Bewerber enthält, als Abgeordnetensitze auf ihn entfallen sind, so gehen die übrigen Sitze im Falle der Verbindung auf die verbundenen Kreiswahlvorschläge, wenn auch diese erschöpft sind, sowie in den übrigen Fällen, auf den zugehörigen Reichswahlvorschlag über. § 31 Abs. 1 Satz 3 gilt sinngemäß.
  [2] Enthält ein Reichswahlvorschlag weniger Bewerber, als Abgeordnetensitze auf ihn entfallen, so bleiben die übrigen Sitze unbesetzt.

§ 35

  [1] Wenn ein zum Abgeordneten Berufener die Wahl ablehnt oder ein Abgeordneter ausscheidet, so stellt der Reichswahlausschuß fest, wer an seiner Stelle berufen ist.
  [2] Auch dabei wird nach §§ 33, 34 verfahren.

§ 36

  [1] Wird im Wahlprüfungsverfahren die Wahl eines Wahlkreises für ungültig erklärt, so verteilt der Reichswahlausschuß auf Grund des Nachwahlergebnisses von neuem die gesamten Reststimmen.
  [2] Ergibt sich dabei, daß auf verbundene Kreiswahlvorschläge oder einen Reichswahlvorschlag mehr Sitze als bisher fallen, so wird die entsprechende Zahl neuer Abgeordnetensitze nach § 32 besetzt. Fallen auf verbundene Kreiswahlvorschläge oder einen Reichswahlvorschlag weniger Sitze als bisher, so erklärt der Reichswahlausschuß die entsprechende Zahl von Abgeordnetensitze für erledigt. Für das Ausscheiden gelten dieselben Grundsätze wie für das Eintreten von Ersatzmännern; doch scheiden die zuletzt eingetretenen Abgeordneten zuerst aus.

§ 37

  [1] Ist in einzelnen Wahlbezirken die Wahlhandlung nicht ordnungsgemäß vorgenommen worden, so kann das Wahlprüfungsgericht dort die Wiederholung der Wahl beschließen. Der Reichsminister des Innern hat den Beschluß alsbald auszuführen.
  [2] Ist die Verhinderung der ordnungsmäßigen Wahlhandlung in einzelnen Wahlbezirken zweifelsfrei festgestellt, so kann der Reichsminister des Innern auf Antrag des Kreiswahlausschusses und mit Zustimmung des Reichswahlausschussses dort die Wiederholung der Wahl anordnen.
  [3] Die Anordnung des Reichsministers unterliegt im Wahlprüfungsverfahren der Nachprüfung durch das Wahlprüfungsgericht.
  [4] Die Wiederholungswahl darf nicht später als sechs Monate nach der Hauptwahl stattfinden.
  [5] Bei der Wiederholungswahl wird nach denselben Kreiswahlvorschläge und auf Grund derselben Wahllisten oder Wahlkarteien wie bei der Hauptwahl gewählt.
  [6] Auf Grund der Wiederholungswahl wird das Wahlergebnis für den ganzen Wahlkreis oder Wahlkreisverband neu wie bei der Hauptwahl ermittelt (§§ 29 bis 32 und 36).


IV. Übergangs- und Schlußbestimmungen

§ 38

  [1] Der Reichspräsident kann mit Rücksicht auf die nach dem Friedensvertrage vorgesehenen Abstimmungen, soweit es die Rücksicht auf die Abstimmungsgebiete zweckmäßig erscheinen läßt, für einzelne Reichsteile einen besonderen Wahltag bestimmen. In diesem Falle ist der Reichsminister des Innern ermächtigt, Änderungen in der Wahlkreiseinteilung vorzunehmen und die näheren Vorschriften für die später abzuhaltenden Wahlen zu treffen. Er ist ferner ermächtigt, über die Verwendung der Reststimmen in den betroffenen Wahlkreisen und den zum gleichen Wahlkreisverbande gehörigen Wahlkreisen Bestimmungen zu treffen.
  [2] Über den Aufschub der Wahlen ist dem Reichstag Mitteilung zu machen.
  [3] Werden Wahlen aufgeschoben, so gelten bis zur Neuwahl die in den bisherigen Wahlkreisen 1 (Provinz Ostpreußen), 10 (Regierungsbezirk Oppeln) und 14 (Provinz Schleswig-Holstein und oldenburgischer Landesteil Lübeck) gewählten Angeordneten der verfassunggebenden Deutschen Nationalversammlung als Mitglieder des Reichstags. Für den weder an Polen, noch an den Freistaat Danzig gefallenen, östlich der Weichsel gelegenen Teil des bisherigen Wahlkreises 2 (Provinz Westpreußen) werden vom Reichswahlausschussse den beiden Wahlvorschlägen, die bei der Wahl zur Nationalversammlung in diesem Gebiete die meisten Stimmen erhalten haben, je einen Abgeordnetensitz zugeteilt. §§ 33 und 35 Satz 1 gelten sinngemäß.

§ 39

  Von den Kosten, die den Gemeinden aus den Reichstagswahlen entstehen, werden ihnen vier Fünftel vom Reiche ersetzt. Alle übrigen Wahlkosten trägt das Reich allein.

§ 40

  [1] Zum Ersatze der Beschaffungskosten der für die Wahlhandlung erforderlichen Stimmzettel zahlt das Reich an die Vertrauensmänner der Kreiswahlvorschläge einen Betrag, der nach der amtlich festgestellten Zahl der auf den Vorschlag entfallenen gültigen Stimmen bemessen wird. Die Reichsregierung bestimmt im Einvernehmen mit dem Reichsrat und dem Reichstag nach jeder Wahl die Höhe des Einzelbetrags.
  [2] Die Wahlordnung bestimmt, durch welche Maßnahmen die Beschaffung und insbesondere die Beförderung der Stimmzettel erleichtert wird.
  [3] Werden die Stimmzettel von den Ländern amtlich verteilt, so wird der nach Abs. 1 an die Vertrauensmänner zu zahlende Betrag den Ländern zugewiesen. Der Betrag bemißt sich in diesem Falle nach der amtlich festgestellten Gesammtzahl der abgegebenen gültigen Stimmen.

§ 41

  Der Reichsminister des Innern erläßt mit Zustimmung des Reichsrats die Bestimmungen zur Ausführung des Gesetzes (Reichswahlordnung).

§ 42

  Das Gesetz tritt mit dem Tage in Kraft, an dem der Reichspräsident die Wahlen zum ersten Reichstag ausschreibt.


  Berlin, den 27. April 1920.[1]

Der Reichspräsident
Ebert

Der Reichsminister des Innern
Koch

 

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Anmerkung:
[1] Das Reichswahlgesetz wurde am 28. April 1920 verkündet.


Quelle:
Reichs-Gesetzblatt 1920 , S. 627-635.


Empfohlene Zitierweise des Dokumentes:
Reichswahlgesetz (27.04.1920), in: documentArchiv.de [Hrsg.], URL: http://www.documentArchiv.de/wr/1920/reichswahlgesetz_1920.html, Stand: aktuelles Datum.


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