Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit.
Vom 20. Januar 1934.
Die Reichsregierung hat das folgende Gesetz beschlossen, das
hiermit verkündet wird:
Erster Abschnitt
Führer des Betriebes und Vertrauensrat
§ 1
Im Betriebe arbeiten der Unternehmer als Führer des Betriebes,
die Angestellten und Arbeiter als Gefolgschaft gemeinsam zur Förderung der Betriebszwecke
und zum gemeinsamen Nutzen von Volk und Staat.
§ 2
(1) Der Führer des Betriebes entscheidet der Gefolgschaft
gegenüber in allen betrieblichen Angelegenheiten, soweit sie durch dieses Gesetz geregelt
werden.
(2) Er hat für das Wohl der Gefolgschaft zu sorgen. Diese hat ihm die in der
Betriebsgemeinschaft begründete Treue zu halten.
§ 3
(1) Bei juristischen Personen und Personengesamtheiten sind die
gesetzlichen Vertreter Führer des Betriebes.
(2) Der Unternehmer oder bei juristischen Personen und Personengesamtheiten die
gesetzlichen Vertreter können eine an der Betriebsleitung verantwortlich beteiligte
Person mit ihrer Stellvertretung betrauen; dies muß geschehen, wenn sie den Betrieb nicht
selbst leiten. In Angelegenheiten von geringerer Bedeutung können sie auch eine andere
Person beauftragen.
(3) Wird dem Führer des Betriebes die Befähigung zum Führer gemäß § 38 durch das Ehrengericht rechtskräftig aberkannt, so ist ein anderer
Führer des Betriebes zu bestellen.
§ 4
(1) Als Betriebe im Sinne dieses Gesetzes gelten auch
Verwaltungen.
(2) Nebenbetriebe und Betriebsbestandteile, die mit dem Hauptbetrieb durch
gemeinsame Leitung verbunden sind, gelten nur dann als selbständige Betriebe, wenn sie
räumlich weit von dem Hauptbetrieb getrennt sind.
(3) Die Vorschriften dieses Gesetzes, mit Ausnahme der §§ 32
und 33, finden auf Schiffe der See-, Binnen- und Luftschiffahrt und ihre
Besatzungen keine Anwendung.
§ 5
(1) Dem Führer des Betriebes mit in der Regel mindestens zwanzig
Beschäftigten treten aus der Gefolgschaft Vertrauensmänner beratend zur Seite. Sie
bilden mit ihm und unter seiner Leitung den Vertrauensrat des Betriebes.
(2) Zur Gefolgschaft im Sinne der Bestimmungen über den Vertrauensrat gehören
auch die Hausgewerbetreibenden, die in der Hauptsache für den gleichen Betrieb allein
oder mit ihren Familienangehörigen arbeiten.
§ 6
(1) Der Vertrauensrat hat die Pflicht, das gegenseitige Vertrauen
innerhalb der Betriebsgemeinschaft zu vertiefen.
(2) Der Vertrauensrat hat die Aufgabe, alle Maßnahmen zu beraten, die der
Verbesserung der Arbeitsleistung, der Gestaltung und Durchführung der allgemeinen
Arbeitsbedingungen, insbesondere der Betriebsordnung, der Durchführung und Verbesserung
des Betriebsschutzes, der Stärkung der Verbundenheit aller Betriebsangehörigen
untereinander und mit dem Betriebe und dem Wohle aller Glieder der Gemeinschaft dienen. Er
hat ferner auf eine Beilegung aller Streitigkeiten innerhalb der Betriebsgemeinschaft
hinzuwirken. Er ist vor der Festsetzung von Bußen auf grund der Betriebsordnung zu
hören.
(3) Der Vertrauensrat kann einzelne seiner Aufgaben bestimmten Vertrauensmännern
zur Wahrnehmung übertragen.
§ 7
(1) Die Zahl der Vertrauensmänner beträgt |
|
in Betrieben mit 20 bis 49 Beschäftigten . . zwei,
in Betrieben mit 50 bis 99 Beschäftigten . . drei
in Betrieben mit 100 bis 199 Beschäftigten . . vier,
in Betrieben mit 200 bis 399 Beschäftigten . . fünf. |
(2) Ihre Zahl erhöht sich für je
dreihundert weitere Beschäftigte um einen Vertrauensmann und beträgt höchstens zehn.
(3) In gleicher Zahl sind Stellvertreter vorzusehen.
(4) Bei der Auswahl der Vertrauensmänner sind Angestellte, Arbeiter und
Hausgewerbetreibende angemessen zu berücksichtigen. |
§ 8
Vertrauensmann soll nur sein, wer das fünfundzwanzigste
Lebensjahr vollendet hat, mindestens ein Jahr dem Betriebe oder dem Unternehmen angehört
und mindestens zwei Jahre im gleichen oder verwandten Berufs- oder Gewerbezweig tätig
gewesen ist. Er muß die bürgerlichen Ehrenrechte besitzen, der Deutschen Arbeitsfront
angehören, durch vorbildliche menschliche Eigenschaften ausgezeichnet sein und die
Gewähr bieten, daß er jederzeit rückhaltlos für den nationalen Staat eintritt. Von der
Voraussetzung einer einjährigen Betriebsangehörigkeit kann bei der ersten Ernennung von
Vertrauensmännern, die nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes erfolgt, abgesehen werden.
§ 9
(1) Der Führer des Betriebes stellt im Einvernehmen mit dem
Obmann der Nationalsozialistischen Betriebszellen-Organisation im März jeden Jahres eine
Liste der Vertrauensmänner und deren Stellvertreter auf. Die Gefolgschaft hat zu der
Liste alsbald durch geheime Abstimmung Stellung zu nehmen.
(2) Kommt zwischen dem Führer des Betriebes und dem Obmann der
Nationalsozialistischen Betriebszellen-Organisation eine Einigung über die
vorzuschlagenden Vertrauensmänner und deren Stellvertreter oder kommt der Vertrauensrat
aus einem anderen Grund nicht zustande, billigt insbesondere die Gefolgschaft die Liste
nicht, so kann der Treuhänder der Arbeit Vertrauensmänner und Stellvertreter in der
erforderlichen Anzahl berufen.
§ 10
(1) Die Mitglieder des Vertrauensrates legen vor der Gefolgschaft
am Tage der nationalen Arbeit (1. Mai) das feierliche Gelöbnis ab, in ihrer Amtsführung
nut dem Wohle des Betriebes und der Gemeinschaft aller Volksgenossen unter Zurückstellung
eigennütziger Interessen zu dienen und in ihrer Lebensführung und Diensterfüllung den
Betriebsangehörigen Vorbild zu sein.
(2) Treten in einem Betriebe die Voraussetzungen für die Errichtung eines
Vertrauensrates erst nach dem im § 9 Abs. 1 vorgesehenen Zeitpunkt ein,
so ist die Berufung der Vertrauensmänner (§ 9) und die Verpflichtung
des Vertrauensrates alsbald durchzuführen.
§ 11
Das Amt des Vertrauensrates beginnt nach der Verpflichtung -
regelmäßig am 1. Mai - und endet jeweils am 30. April.
§ 12
Der Vertrauensrat ist nach Bedarf von dem Führer des Betriebes
einzuberufen. Die Einberufung muß erfolgen, wenn die Hälfte der Vertrauensmänner es
beantragt.
§ 13
(1) Das Amt der Vertrauensmänner ist ein Ehrenamt, für dessen
Wahrnehmung ein Entgeld nicht gewährt werden darf. Für den durch die Erfüllung der
Aufgaben notwendigen Ausfall von Arbeitszeit ist der übliche Lohn zu zahlen. Notwendige
Aufwendungen sind von der Betriebsleitung zu erstatten.
(2) Die notwendigen Einrichtungen und Geschäftsbedürfnisse für eine
ordnungsgemäße Erfüllung der dem Vertrauensrat obliegenden Aufgaben sind von der
Betriebsleitung zur Verfügung zu stellen. Der Führer des Betriebes ist verpflichtet, den
Vertrauensmännern die zur Erfüllung ihrer Aufgaben notwendigen Auskünfte zu erteilen.
§ 14
(1) Das Amt eines Vertrauensmannes erlischt, abgesehen von der
freiwilligen Amtsniederlegung, mit dem Ausscheiden aus dem Betriebe. Die Kündigung des
Dienstverhältnisses eines Vertrauensmannes ist unzulässig, es sei denn, daß sie infolge
Stillegung des Betriebes oder einer Betriebsabteilung erforderlich wird oder aus einem
Grunde erfolgt, der zur Kündigung des Dienstverhältnisses ohne Einhaltung einer
Kündigungsfrist berechtigt.
(2) Der Treuhänder der Arbeit kann einen Vertrauensmann wegen sachlicher oder
persönlicher Ungeeignetheit abberufen. Das Amt eines abberufenen Vertrauensmannes
erlischt mit der schriftlichen Mitteilung der Entscheidung des Treuhänders an den
Vertrauensrat.
(3) Das Amt eines Vertrauensmannes erlischt ferner mit der Rechtskraft einer auf
die Strafen des § 38 Nr. 2 und 5 erkennenden Entscheidung des
Ehrengerichts.
§ 15
An die Stelle von ausscheidenden oder zeitweilig verhinderten
Vertrauensmännern treten die Stellvertreter als Ersatzmänner in der sich aus der
Vorschlagsliste ergebenden Reihenfolge. Sind Ersatzmänner nicht mehr vorhanden, so werden
für den Rest der Amtszeit des Vertrauensrates neue Vertrauensmänner vom Treuhänder der
Arbeit berufen.
§ 16
Gegen Entscheidungen des Führers des Betriebes über die
Gestaltung der allgemeinen Arbeitsbedingungen, insbesondere der Betriebsordnung (§ 6 Abs. 2), kann die Mehrheit des Vertrauensrates des Betriebes den
Treuhänder der Arbeit unverzüglich schriftlich anrufen, wenn die Entscheidungen mit den
wirtschaftlichen oder sozialen Verhältnissen des Betriebes nicht vereinbar erscheinen.
Die Wirksamkeit der von dem Führer des Betriebes getroffenen Entscheidungen wird durch
die Anrufung nicht gehemmt.
§ 17
Befinden sich mehrere wirtschaftlich oder technisch gleichartige
oder nach dem Betriebszweck zusammengehörige Betriebe in der Hand eines Unternehmers, so
muß dieser oder, wenn er nicht selbst das Unternehmen leitet, der von ihm bestellte
Führer des Unternehmens zu seiner Beratung in sozialen Angelegenheiten aus den
Vertrauensräten der einzelnen Betriebe einen Beirat berufen.
Zweiter Abschnitt
Treuhänder der Arbeit
§ 18
(1) Für größere Wirtschaftsgebiete, deren Abgrenzung der
Reichsarbeitsminister im Einvernehmen mit dem Reichswirtschaftsminister und dem
Reichsminister des Innern bestimmt, werden Treuhänder der Arbeit ernannt. Sie sind
Reichsbeamte und unterstehen der Dienstaufsicht des Reichsarbeitsministers. Ihren Sitz
bestimmt der Reichsarbeitsminister im Einvernehmen mit dem Reichswirtschaftsminister.
(2) Die Treuhänder der Arbeit sind an Richtlinien und Weisungen der
Reichsregierung gebunden.
§ 19
(1) Die Treuhänder der Arbeit haben für die
Erhaltung des Arbeitsfriedens zu sorgen. Zur Erfüllung dieser Aufgabe haben sie: |
- über die Bildung und Geschäftsführung der Vertrauensräte zu wachen und in
Streitfällen zu entscheiden;
- gemäß §§ 9 Abs. 2, 14 Abs. 2 und 15
Vertrauensmänner der Betriebe zu berufen und abzuberufen;
- auf Abrufung des Vertrauensrates gemäß § 16 zu entscheiden; sie
können unter Aufhebung der Entscheidung des Führers des Betriebes die erforderliche
Regelung selbst treffen;
- bei beabsichtigten Entlassungen gemäß § 20 zu entscheiden;
- die Durchführung der Bestimmungen über die Betriebsordnung (§§ 26
ff.) zu überwachen;
- unter den Voraussetzungen des § 32 Richtlinien und Tarifordnungen
festzusetzen und ihre Durchführung zu überwachen;
- bei der Durchführung der sozialen Ehrengerichtsbarkeit gemäß §§ 35
ff. mitzuwirken;
- die Reichsregierung nach näherer Anweisung des Reichsarbeitsministers und des
Reichswirtschaftsministers ständig über die sozialpolitische Entwicklung zu
unterrichten.
|
(2) Der Reichsarbeitsminister und der
Reichswirtschaftsminister können im Rahmen der Gesetze den Treuhändern der Arbeit
weitere Aufgaben übertragen.
(3) Die Treuhänder der Arbeit können die Verhandlung in Angelegenheiten des Abs.
1 Ziffer 3 einem Sachverständigenausschuß (§ 23 Abs. 3) übertragen.
Die Entscheidung bleibt dem Treuhänder der Arbeit überlassen. |
§ 20
(1) Der Unternehmer eines Betriebes
ist verpflichtet, dem Treuhänder der Arbeit schriftlich Anzeige zu erstatten, bevor er |
|
a) in Betrieben mit in der Regel weniger als einhundert Beschäftigten
mehr als neun Beschäftigte,
b) in Betrieben mit in der Regel mindestens einhundert Beschäftigten zehn vom Hundert der
im Betrieb regelmäßig Beschäftigten oder aber mehr als fünfzig Beschäftige innerhalb
von vier Wochen entläßt. |
(2) Entlassungen, deren Bevorstehen
nach Abs. 1 anzuzeigen sind, werden vor Ablauf von vier Wochen nach Eingang der Anzeige
beim Treuhänder der Arbeit nur mit dessen Genehmigung wirksam; der Treuhänder der Arbeit
kann die Genehmigung auch mit rückwirkender Kraft erteilen. Er kann auch anordnen, daß
die Entlassungen nicht vor Ablauf von längstens zwei Monaten nach Erstattung der Anzeige
wirksam werden. Soweit die Entlassungen nicht innerhalb von vier Wochen nach dem Zeitpunkt
durchgeführt werden, von dem an sie nach Satz 1 oder 2 wirksam sind, gilt die Anzeige als
nicht erstattet. Das Recht zur fristlosen Entlassung bleibt unberührt.
(3) Ist der Unternehmer nicht in der Lage, die Beschäftigten bis zu dem in Abs. 2
bezeichneten Zeitpunkt voll in Arbeit zu behalten, so kann der Treuhänder zulassen, daß
der Unternehmer für die Zwischenzeit in seinem Betriebe eine Verkürzung der Arbeitszeit
(Streckung der Arbeit) einführt. Hierbei darf jedoch die Wochenarbeitszeit eines
Beschäftigten nicht unter vierundzwanzig Stunden herabgesetzt werden. Der Unternehmer ist
im Falle der Arbeitsstreckung berechtigt, Lohn oder Gehalt der mit verkürzter Arbeitszeit
Beschäftigten entsprechend zu kürzen; die Kürzung wird jedoch erst von dem Zeitpunkt an
wirksam, in dem das Arbeitsverhältnis nach den allgemeinen gesetzlichen oder den
vertraglichen Bestimmungen enden würde.
(4) In Betrieben, die regelmäßig in einer bestimmten Jahreszeit verstärkt
arbeiten (Saisonbetriebe) oder regelmäßig nicht mehr als drei Monate im Jahre arbeiten
(Kampagnebetriebe), finden die Vorschriften der Absätze 1 und 3 auf Entlassungen, die
durch diese Eigenart des Betriebes bedingt sind, keine Anwendung. |
§ 21
Der Reichsarbeitsminister kann dem Treuhänder der Arbeit, sofern
es die Größe und insbesondere die wirtschaftlichen Verhältnisse seines
Wirtschaftsgebietes erfordern, Beauftragte unterstellen, denen vom Reichsarbeitsminister
oder vom Treuhänder der Arbeit die diesem obliegenden Aufgaben für einen bestimmten
Bezirk oder hinsichtlich bestimmter Gewerbezweige oder bestimmte Aufgaben ganz oder
teilweise übertragen werden können. Die Beauftragten sind an Weisungen des
Reichsarbeitsministers und des Treuhänders gebunden.
§ 22
(1) Wer schriftlichen allgemeinen Anordnungen des Treuhänders der
Arbeit, die dieser in Erfüllung der ihm obliegenden Aufgaben erläßt, wiederholt
vorsätzlich zuwiderhandelt, wird mit Geldstrafe bestraft; in besonders schweren Fällen
kann an die Stelle der Geldstrafe oder neben sie Gefängnisstrafe treten. Die
Strafverfolgung tritt nur auf Antrag des Treuhänders der Arbeit ein.
(2) Die Verfolgung der mit öffentlicher Strafe bedrohten Handlungen als Verletzung
der sozialen Ehre wird durch die Verurteilung zu öffentlicher Strafe nicht
ausgeschlossen.
§ 23
(1) Die Treuhänder der Arbeit berufen zu ihrer Beratung in
allgemeinen oder grundsätzlichen Fragen ihres Aufgabengebietes einen
Sachverständigenbeirat aus den verschiedenen Wirtschaftszweigen ihres Gebietes. Die
Sachverständigen sollen zu drei Vierteln aus Vorschlagslisten der Deutschen Arbeitsfront
entnommen werden, die in erster Linie geeignete Angehörige der Vertrauensräte der
Betriebe des Treuhänderbezirks unter Berücksichtigung der verschiedenen Berufsgruppen
und Wirtschaftszweige in größerer Zahl in Vorschlag zu bringen hat. Führer der Betriebe
und Vertrauensmänner sind in etwa gleicher Zahl in die Liste aufzunehmen. Ein Viertel der
erforderlichen Sachverständigen können die Treuhänder aus sonst geeigneten
Persönlichkeiten ihres Bezirks berufen.
(2) Soweit durch Gesetze der Reichsregierung eine ständische Gliederung der
Wirtschaft durchgeführt ist, hat die Deutsche Arbeitsfront die von ihr zu benennenden
Sachverständigen im Einvernehmen mit den Ständen vorzuschlagen.
(3) Die Treuhänder der Arbeit können ferner zu ihrer Beratung im Einzelfalle
einen Sachverständigenausschuß berufen.
§ 24
Vor Beginn ihrer Tätigkeit sind die Sachverständigen durch den
Treuhänder der Arbeit zu vereidigen. Sie haben zu schwören, daß sie nach bestem Wissen
und Gewissen unparteiisch das Amt eines Sachverständigen ausüben, keine Sonderinteressen
verfolgen und nur dem Wohle der Volksgemeinschaft dienen werden. Für die Abnahme des
Eides gilt § 481 der Zivilprozeßordnung (Reichsgesetzbl. 1933 I S. 821) entsprechend.
§ 25
Die Treuhänder und die sonstigen deutschen Behörden sind
innerhalb ihrer Zuständigkeit verpflichtet, bei Vollziehung dieses Gesetzes einander
Amtshilfe zu leisten.
Dritter Abschnitt
Betriebsordnung und Tarifordnung
§ 26
In jedem Betriebe, in dem in der Regel mindestens zwanzig
Angestellte und Arbeiter beschäftigt sind, ist vom Führer des Betriebes eine
Betriebsordnung für die Gefolgschaft des Betriebes (§ 1) schriftlich zu
erlassen.
§ 27
(1) In die Betriebsordnung sind folgende Arbeitsbedingungen
aufzunehmen: |
- Anfang und Ende der regelmäßigen täglichen Arbeitszeit und der
Pausen;
- Zeit und Art der Gewährung des Arbeitsentgelts;
- die Grundsätze für die Berechnung der Akkord- oder Gedingearbeit, soweit im Betriebe
im Akkord oder Gedinge gearbeitet wird;
- Bestimmungen über die Art, Größe und Einziehung von Bußen, wenn solche vorgesehen
werden;
- die Gründe, aus denen die Kündigung des Arbeitsverhältnisses ohne Einhaltung einer
Kündigungsfrist erfolgen darf, soweit es nicht bei den gesetzlichen Gründen bewenden
soll;
- die Verwendung der durch rechtswidrige Auflösung des Arbeitsverhältnisses verwirkten
Entgeltbeträge, soweit die Verwirkung im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen in der
Betriebsordnung oder im Arbeitsvertrag vorgesehen ist.
|
(2) Soweit in anderen Gesetzen oder Verordnungen
Vorschriften über den zwingenden Inhalt der Arbeitsordnung enthalten sind, die über die
Vorschriften des Abs. 1 hinausgehen, behalten sie ihre Gültigkeit.
(3) In die Betriebsordnung können neben den gesetzlich vorgeschriebenen
Bestimmungen auch Bestimmungen über die Höhe des Arbeitsentgelts und über sonstige
Arbeitsbestimmungen aufgenommen werden, ferner weitere Bestimmungen über die Ordnung des
Betriebes, das Verhalten der Beschäftigten im Betriebe und über die Verhütung von
Unfällen. |
§ 28
(1) Die Verhängung von Bußen gegen die Beschäftigten ist nur
wegen des Verstoßes gegen die Ordnung oder die Sicherheit des Betriebes zulässig. Bußen
in Geld dürfen die Hälfte des durchschnittlichen Tagesarbeitsverdienstes nicht
übersteigen; für erhebliche, bestimmt zu bezeichnende Verstöße können jedoch Bußen
bis zum vollen Betrage des durchschnittlichen Tagesarbeitsverdienstes vorgesehen werden.
Die Verwendung der Bußen bestimmt der Reichsarbeitsminister.
(2) Die Verhängung von Bußen erfolgt durch den Führer des Betriebes oder eine
von ihm beauftragte Person nach Beratung im Vertrauensrat (§ 6), wenn
ein solcher vorhanden ist.
(3) Die Vorschriften der Absätze 1 und 2 gelten auch für die Verhängung von im
Arbeitsvertrag vereinbarten Bußen in Betrieben, für die eine Betriebsordnung nicht
vorgeschrieben ist.
(4) In Betrieben, für die eine Betriebsordnung vorgesehen ist, können die
gesetzlich vorgesehenen Gründe, aus denen die Kündigung des Arbeitsverhältnisses ohne
Einhaltung einer Kündigungsfrist zulässig ist, nicht durch den Arbeitsvertrag ausgedehnt
oder vermehrt werden.
§ 29
Soweit in der Betriebsordnung der Arbeitsentgelt für Arbeiter
oder Angestellte festgesetzt wird, sind Mindestsätze mit der Maßgabe aufzunehmen, daß
für die seinen Leistungen entsprechende Vergütung des einzelnen Betriebsangehörigen
Raum bleibt. Auch im übrigen ist auf die Möglichkeit einer angemessenen Belohnung
besonderer Leistungen Bedacht zu nehmen.
§ 30
Die Bestimmungen der Betriebsordnung sind für die
Betriebsangehörigen als Mindestbedingungen rechtsverbindlich.
§ 31
(1) Ein Abdruck der Betriebsordnung und einer für den Betrieb
etwa geltenden Tarifordnung ist in jeder Betriebsabteilung an geeigneter, den Angehörigen
des Betriebes zugänglicher Stelle auszuhängen.
(2) Die Betriebsordnung ist, soweit nicht in ihr ein anderer Zeitpunkt festgesetzt
ist, am Tage nach ihrem Aushang in Kraft. Auf Verlangen ist den im Betriebe Beschäftigten
ein Abdruck der Betriebsordnung auszuhändigen.
§ 32
(1) Der Treuhänder der Arbeit kann nach Beratung in einem
Sachverständigenausschuß (§ 23 Abs. 3) Richtlinien für den Inhalt
von Betriebsordnungen und Einzelarbeitsverträgen festsetzen.
(2) Ist zum Schutze der Beschäftigten einer Gruppe von Betrieben innerhalb des dem
Treuhänder der Arbeit zugewiesenen Bezirks die Festsetzung von Mindestbedingungen zur
Regelung der Arbeitsverhältnisse zwingend geboten, so kann der Treuhänder nach Beratung
in einem Sachverständigenausschuß (§ 23 Abs. 3) eine Tarifordnung
schriftlich erlassen; der § 29 gilt entsprechend. Die Bestimmungen der
Tarifordnung sind für die von ihr erfaßten Arbeitsverhältnisse als Mindestbedingungen
rechtsverbindlich. Entgegenstehende Bestimmungen in Betriebsordnungen sind nichtig. Der
Treuhänder der Arbeit kann in der Tarifordnung die Arbeitsgerichtsbarkeit für
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten aus einem Arbeits- oder Lehrverhältnis, das sich nach
der Tarifordnung bestimmt, in dem gleichen Umfang ausschließen, wie dies nach dem
Arbeitsgerichtsgesetz den Tarifvertragsparteien möglich war.
(3) Die Richtlinien und die Tarifordnungen sind vom Treuhänder der Arbeit
bekanntzumachen.
§ 33
(1) Ist der Erlaß von Richtlinien nach § 32
Abs. 1 oder einer Tarifordnung für einen Geltungsbereich, der nicht nur unwesentlich
über den Bezirk eines Treuhänders hinausgeht, geboten, so bestimmt der
Reichsarbeitsminister für die Regelung einen Sondertreuhänder der Arbeit. Ferner kann
der Reichsarbeitsminister Sondertreuhänder zur Erledigung bestimmter Aufgaben bestellen.
(2) Auf den Sondertreuhänder der Arbeit finden §§ 18 Abs. 2, 22, 23 Abs. 3, 24, 25
und 32 entsprechend Anwendung.
(3) Die Treuhänder der Arbeit haben die Durchführung der von einem
Sondertreuhänder erlassenen Richtlinien und Tarifordnungen innerhalb ihres Bezirks zu
überwachen, sofern nicht in besonderen Fällen der Reichsarbeitsminister den
Sondertreuhänder auch mit dieser Aufgabe betraut.
§ 34
Für Hausgewerbetreibende, die in der Regel allein oder mit ihren
Familienangehörigen und nicht mehr als zwei fremden Hilfskräften arbeiten, gelten im
Verhältnis zu ihren Auftraggebern die Bestimmungen des § 32 Abs. 2 und
3 und des § 33 entsprechend.
Diesen Hausgewerbetreibenden kann der Reichsarbeitsminister oder der Treuhänder der
Arbeit sonstige Hausgewerbetreibende, Zwischenmeister und andere arbeitnehmerähnliche
Personen ihrer wirtschaftlichen Unselbständigkeit wegen gleichstellen.
Vierter Abschnitt
Soziale Ehrengerichtsbarkeit
§ 35
Jeder Angehörige einer Betriebsgemeinschaft trägt die
Verantwortung für die gewissenhafte Erfüllung der ihm seiner Stellung innerhalb der
Betriebsgemeinschaft obliegenden Pflichten. Er hat sich durch sein Verhalten der Achtung
würdig zu erweisen, die sich aus seiner Stellung in der Betriebsgemeinschaft ergibt.
Insbesondere hat er im steten Bewußtsein seiner Verantwortung seine volle Kraft dem
Dienst des Betriebes zu widmen und sich dem gemeinen Wohle unterzuordnen.
§ 36
(1) Gröbliche Verletzungen der durch die
Betriebsgemeinschaft begründeten sozialen Pflichten werden als Verstöße gegen die
soziale Ehre von den Ehrengerichten gesühnt. Derartige Verstöße liegen vor, wenn |
- Unternehmer, Führer des Betriebes oder sonstige Aufsichtspersonen unter Mißbrauch
ihrer Machtstellung im Betriebe böswillig die Arbeitskraft der Angehörigen der
Gefolgschaft ausnutzen oder ihre Ehre kränken;
- Angehörige der Gefolgschaft den Arbeitsfrieden im Betriebe durch böswillige Verhetzung
der Gefolgschaft gefährden, sich insbesondere als Vertrauensmänner bewußt unzulässige
Eingriffe in die Betriebsführung anmaßen oder den Gemeinschaftsgeist innerhalb der
Betriebsgemeinschaft fortgesetzt böswillig stören;
- Angehörige der Betriebsgemeinschaft wiederholt leichtfertig unbegründete Beschwerden
oder Anträge an den Treuhänder der Arbeit richten oder seinen schriftlichen Anordnungen
hartnäckig zuwiderhandeln;
- Mitglieder des Vertrauensrates vertrauliche Angaben, Betriebs- oder
Geschäftsgeheimnisse, die ihnen bei Erfüllung ihrer Aufgaben bekanntgeworden und als
solche bezeichnet worden sind, unbefugt offenbaren.
|
(2) Beamte und Soldaten unterliegen nicht der sozialen
Ehrengerichtsbarkeit. |
§ 37
Die ehrengerichtliche Verfolgung der im § 36
bezeichneten Verletzungen der sozialen Ehre verjährt in einem Jahre. Die Verjährung
beginnt mit dem Tage, an welchem die Ehrenverletzung begangen ist.
§ 38
Die ehrengerichtlichen Strafen sind: |
- Warnung,
- Verweis,
- Ordnungsstrafe in Geld bis zu zehntausend Reichsmark,
- Aberkennung der Befähigung, Führer des Betriebes zu sein (§§ 1 bis 3) oder das Amt eines Vertrauensmannes auszuüben (§§ 5
ff.),
- Entfernung vom bisherigen Arbeitsplatz; das Ehrengericht kann dabei eine von der
gesetzlichen oder vereinbarten Kündigungsfrist vorschreiben.
|
§ 39
(1) Ist gegen einen Angehörigen eines Betriebes wegen einer
strafbaren Handlung die öffentliche Klage erhoben, so ist das ehrengerichtliche Verfahren
wegen der gleichen Tatsache auszusetzen.
(2) Ist im Strafverfahren auf Freispruch erkannt, so findet wegen der Tatsachen,
die in diesem Verfahren zur Erörterung gekommen sind, ein ehrengerichtliches Verfahren
nur insofern statt, als diese Tatsachen an sich und unabhängig von dem Tatbestand
ehrengerichtliche Bestrafung begründen.
(3) Ist im Strafverfahren eine Verurteilung erfolgt, so hat der Vorsitzende des
Ehrengerichts zu entscheiden, ob das ehrengerichtliche Verfahren durchzuführen ist.
§ 40
Insoweit sich nicht aus den nachfolgenden Bestimmungen
Abweichungen ergeben, finden auf das ehrengerichtliche Verfahren die Vorschriften der
Strafprozeßordnung über das Verfahren in den zur Zuständigkeit der Landgerichte
gehörigen Strafsachen und die Vorschriften der §§ 155 Nr. II, 176, 184 bis 198 des
Gerichtsverfassungsgesetzes entsprechende Anwendung. Eine Mitwirkung der
Staatsanwaltschaft findet nicht statt.
§ 41
(1) Über Verletzungen der sozialen Ehre entscheidet auf Antrag
des Treuhänders der Arbeit ein Ehrengericht, das für jeden Bezirk eines Treuhänders der
Arbeit zu errichten ist.
(2) Das Ehrengericht besteht aus einem vom Reichsminister der Justiz im
Einvernehmen mit dem Reichsarbeitsminister zu ernennenden richterlichen Beamten als
Vorsitzenden und einem Führer eines Betriebes und einem Vertrauensmann als Beisitzern.
Führer des Betriebes und Vertrauensmänner sind durch den Vorsitzenden des Ehrengerichts
aus Vorschlaglisten zu entnehmen, die die Deutsche Arbeitsfront nach Maßgabe des § 23 aufstellt; sie sind nach der Reihenfolge der Liste zu entnehmen, doch
sollen tunlichst Personen ausgewählt werden, die dem gleichen Gewerbezweig wie der
Angeschuldigte angehören.
§ 42
Die Beisitzer sind von ihrer Dienstleistung durch den Vorsitzenden
auf die gewissenhafte Erfüllung der Obliegenheiten ihres Amtes eidlich zu verpflichten.
§ 43
Anzeigen wegen Verletzung der sozialen Ehre durch Angehörige
eines Betriebes sind schriftlich unter Angabe der Beweismittel bei dem Treuhänder der
Arbeit anzubringen, in dessen Bezirk der Betrieb seinen Sitz hat. Sobald der Treuhänder
der Arbeit durch eine Anzeige oder auf anderem Wege von einer gröblichen Verletzung der
sozialen Ehre Kenntnis erhält, hat er den Sachverhalt zu erforschen, dabei insbesondere
auch den Beschuldigten zu hören und sich über die Anrufung des Ehrengerichts zu
entschließen. Dem Antrag auf Einleitung eines ehrengerichtlichen Verfahrens hat der
Treuhänder das Ergebnis der von ihm angestellten Ermittlungen beizufügen.
§ 44
Der Vorsitzende des Ehrengerichts hat erforderliche weitere
Ermittlungen selbst vorzunehmen oder anzuordnen.
§ 45
Der Vorsitzende des Ehrengerichts kann den Antrag auf Einleitung
eines ehrengerichtlichen Verfahrens als unbegründet zurückweisen. Bei Zurückweisung
seines Antrages kann der Treuhänder der Arbeit binnen einer Woche nach Zustellung des die
Zurückweisung aussprechenden Beschlusses Hauptverhandlung vor dem Ehrengericht
beantragen.
§ 46
(1) Hält der Vorsitzende des Ehrengerichts den Antrag des
Treuhänders für begründet, so kann er auf Warnung, Verweis oder Ordnungsstrafe in Geld
bis zu einhundert Reichsmark erkennen. Gegen diese Entscheidung können der Beschuldigte
und der Treuhänder der Arbeit binnen einer Woche nach der Zustellung der Entscheidung
beim Ehrengericht schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle Einspruch erheben.
(2) Bei rechtzeitigem Einspruch wird zur Hauptverhandlung vor dem Ehrengericht
geschritten, sofern nicht bis zu ihrem Beginne der Einspruch zurückgenommen wird.
§ 47
(1) Entscheidet der Vorsitzende des Ehrengerichts nicht selbst (§
46 Abs. 1 Satz 1), so hat er Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem
Ehrengericht anzuberaumen.
(2) Das Ehrengericht entscheidet auf Grund des Ergebnisses einer mündlichen,
öffentlichen Verhandlung nach freiem Ermessen. Es kann auf Antrag und von Amts wegen
Zeugen und Sachverständige eidlich vernehmen sowie die Herbeischaffung anderer
Beweismittel anordnen. Die Öffentlichkeit der Verhandlung kann von dem Vorsitzenden des
Ehrengerichts ausgeschlossen werden.
§ 48
(1) Der Treuhänder der Arbeit hat das Recht, der Hauptverhandlung
beizuwohnen und Anträge zu stellen.
(2) Der Angeklagte kann sich in der Hauptverhandlung durch einen mit schriftlicher
Vollmacht versehenen Verteidiger vertreten lassen.
§ 49
(1) Gegen Urteile des Ehrengerichts ist die Einlegung der Berufung
durch den Treuhänder der Arbeit in jedem Falle, durch den Angeklagten nur dann zulässig,
wenn auf Ordnungsstrafein Geld über einhundert Reichsmark oder auf eine der Strafen des
§ 38 Nr. 4 und 5 erkannt ist. Über die Berufung entscheidet der
Reichsehrengerichtshof.
(2) Die Berufung ist binnen zwei Wochen nach Zustellung des Urteils beim
Ehrengericht schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle einzulegen. Sie hat
aufschiebende Wirkung.
§ 50
Der Reichsehrengerichtshof hat seinen Sitz in Berlin. Er
entscheidet in der Besetzung von zwei von dem Reichsminister der Justiz im Einvernehmen
mit dem Reichsarbeitsminister zu ernennenden höheren richterlichen Beamten, von denen
einer als Vorsitzender, der andere als Beisitzer zu bestellen ist, ferner von je einem
Führer des Betriebes und einem Vertrauensmann und einer von der Reichsregierung zu
bestimmenden Person als Beisitzer. Der § 41 Abs. 2 Satz 2 findet
entsprechende Anwendung.
§ 51
(1) Der Reichsehrengerichtshof hat die Entscheidung des
Ehrengerichts in vollem Umfange nachzuprüfen; er ist an dessen Feststellungen nicht
gebunden und kann die angefochtene Entscheidung nach freiem Ermessen abändern.
(2) Für das Verfahren vor dem Reichsehrengerichtshof gelten die §§ 42,
44, 47 Abs. 2 und 48 entsprechend.
§ 52
Der Treuhänder der Arbeit kann seinen Antrag an das Ehrengericht
bis zur Entscheidung durch den Vorsitzenden des Ehrengerichts oder bis zur Verkündung des
Urteils erster Instanz zurücknehmen.
§ 53
(1) Die aus Ordnungsstrafen in Geld eingehenden Beträge sind an
die Reichskasse abzuführen, soweit der Reichsarbeitsminister nicht etwas anderes
bestimmt.
(2) Die Vollstreckung der eine Ordnungsstrafe in Geld aussprechenden Entscheidung
erfolgt durch den Treuhänder der Arbeit auf Grund einer von dem Urkundsbeamten des
erkennenden Gerichts erteilten, mit der Bescheinigung der Vollstreckbarkeit versehenen
beglaubigten Abschrift der Entscheidungsformel nach den Vorschriften über die
Vollstreckung der Urteile in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten.
§ 54
Ist auf Aberkennung der Fähigkeit, Führer des Betriebes oder
Vertrauensmann zu sein, oder auf Entfernung vom bisherigen Arbeitsplatz erkannt worden, so
hat der Treuhänder der Arbeit die Durchführung des Urteils zu überwachen.
§ 55
(1) Die sachlichen und personellen Kosten der Ehrengerichte sowie
des Reichsehrengerichtshofs trägt das Reich.
(2) Die Kosten des Verfahrens können ganz oder zum Teil dem Verurteilten auferlegt
werden.
Fünfter Abschnitt
Kündigungsschutz
§ 56
(1) Wird einem Angestellten oder Arbeiter nach einjähriger
Beschäftigung in dem gleichen Betrieb oder dem gleichen Unternehmen gekündigt, so kann
er, wenn es sich um einen Betrieb mit in der Regel mindestens zehn Beschäftigten handelt,
binnen zwei Wochen nach Zugang der Kündigung beim Arbeitsgericht mit dem Antrag auf
Widerruf der Kündigung klagen, wenn diese unbillig hart und nicht durch die Verhältnisse
des Betriebes bedingt ist.
(2) Der Klage ist, wenn in dem Betriebe eine Vertrauensrat eingerichtet ist, eine
Bescheinigung des Vertrauensrates beizufügen, aus der sich ergibt, daß die Frage der
Weiterbeschäftigung im Vertrauensrat erfolglos beraten worden ist. Von der Beibringung
der Bescheinigung kann abgesehen werden, wenn der Gekündigte nachweist, daß er binnen
fünf Tagen nach Zugang der Kündigung den Vertrauensrat angerufen, dieser aber die
Bescheinigung innerhalb von fünf Tagen nach dem Anruf nicht erteilt hat.
§ 57
(1) Erkennt das Gericht auf Widerruf der Kündigung, so ist im
Urteil von Amts wegen eine Entschädigung für den Fall festzusetzen, daß der Unternehmer
den Widerruf ablehnt.
(2) Der Unternehmer hat, sofern nicht die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils
nach § 62 Abs. 1 Satz 2 des Arbeitsgerichtsgesetzes ausgeschlossen ist, binnen drei Tagen
nach Zustellung des Urteils dem Gekündigten zu erklären, ob er den Widerruf der
Kündigung oder die Entschädigung wählt. Erklärt er sich nicht innerhalb der Frist, so
gilt die Entschädigung als gewählt. Die Frist wird durch einen vor ihrem Ablauf zur Post
gegebenen Brief gewahrt. Der Unternehmer wird dadurch, daß er den Widerruf der Kündigung
wählt, nicht gehindert, gegen das Urteil Berufung einzulegen. Wird auf die Berufung die
Klage abgewiesen, so verliert mit diesem Zeitpunkt der Widerruf der Kündigung seine
Wirkung.
(3) Wird in dem in der Berufungsinstanz ergehenden Urteil die Entschädigung
anderweit festgesetzt, so läuft die im Abs. 2 bestimmte Frist von der Zustellung des
Berufungsurteils von neuem.
§ 58
Bei der Festsetzung der Entschädigung ist sowohl auf die
wirtschaftliche Lage des Gekündigten als auch auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit
des Betriebes angemessen Rücksicht zu nehmen. Die Entschädigung bemißt sich nach der
Dauer des Arbeitsverhältnisses; sie darf vier Zwölftel des letzten
Jahresarbeitsverdienstes nicht übersteigen.
§ 59
Bei Widerruf der Kündigung ist der Unternehmer verpflichtet, dem
Gekündigten für die Zeit zwischen der Entlassung und der Weiterbeschäftigung Lohn oder
Gehalt zu gewähren. § 615 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches findet entsprechend
Anwendung. Der Unternehmer kann ferner öffentlich-rechtliche Leistungen, die der
Gekündigte aus Mitteln der Arbeitslosenhilfe oder der öffentlichen Fürsorge in der
Zwischenzeit erhalten hat, zur Anrechnung bringen und muß dieses Beträge der leistenden
Stelle zurückerstatten.
§ 60
Der Gekündigte ist berechtigt, falls er inzwischen einen neuen
Dienstvertrag abgeschlossen hat, die Weiterbeschäftigung bei dem früheren Unternehmer zu
verweigern. Er hat hierüber unverzüglich nach Empfang der im § 57
Abs. 2 und 3 vorgesehenen Erklärung des Unternehmers, spätestens aber drei Tage danach,
dem Unternehmer mündlich oder durch Aufgabe zur Post eine Erklärung abzugeben. Erklärt
er sich nicht, so erlischt das Recht der Verweigerung. Macht er von seinem
Verweigerungsrecht Gebrauch, so ist ihm Lohn oder Gehalt nur für die Frist zwischen der
Entlassung und dem Tage des Eintritts in das neue Dienstverhältnis zu gewähren. § 59 Satz 2 und 3 findet entsprechende Anwendung.
§ 61
(1) Ein Arbeiter oder Angestellter, dem ohne Einhaltung der
Kündigungsfrist gekündigt ist, kann in dem Verfahren, in dem er die Unwirksamkeit dieser
Kündigung geltend macht, gleichzeitig für den Fall, daß die Kündigung als für den
nächsten zufälligen Kündigungszeitpunkt wirksam angesehen wird, den Widerruf dieser
Kündigung gemäß § 56 beantragen. Der Antrag ist nur bis zum Schluß
der mündlichen Verhandlung erster Instanz zulässig. Die im § 56 Abs.
1 bestimmte Frist gilt als gewahrt, wenn die Klage binnen zweier Wochen nach der
Kündigung erhoben war. Die Vorschrift des § 56 Abs. 2 findet in diesem
Falle keine Anwendung.
(2) Wird im Falle des Abs. 1 dem Antrage auf Widerruf der Kündigung stattgegeben,
so wird durch die gemäß § 57 festgesetzte Entschädigung der
Lohnanspruch für die Zeit bis zum Wirksamwerden der Kündigung nicht berührt.
§ 62
Die §§ 56 bis 61 finden
keine Anwendung bei Kündigungen auf Grund einer Verpflichtung, die auf Gesetz oder
Tarifordnung beruht.
Sechster Abschnitt
Arbeit im öffentlichen Dienst
§ 63
Auf Angestellte und Arbeiter in den Verwaltungen und Betrieben des
Reichs, der Länder, der Reichsbank, der Deutschen Reichsbahn-Gesellschaft, des
Unternehmens "Reichsautobahnen", der Gemeinden (Gemeindeverbände) und anderer
Körperschaften, Stiftungen und Anstalten des öffentlichen Rechts finden die Vorschriften
des Ersten bis Fünften Abschnittes dieses Gesetzes
keine Anwendung. Insoweit erfolgt eine Regelung durch besonderes Gesetz.
Siebenter Abschnitt
Schluß- und Übergangsbestimmungen
§ 64
(1) Das Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit tritt, soweit es
sich um Maßnahmen zu seiner Durchführung und die Schluß- und Übergangsvorschriften der
§§ 64, 70 und 72 handelt, mit dem
Tage der Verkündung, soweit es sich um die Vorschrift des § 73
handelt, mit dem 1. April 1934 in Kraft. Im übrigen tritt es samt den in den §§ 65 bis 69 vorgesehenen Änderungen von Gesetzen und
Verordnungen mit dem 1. Mai 1934 in Kraft, soweit der Reichsarbeitsminister im
Einvernehmen mit dem Reichswirtschaftsminister keinen anderen Zeitpunkt bestimmt.
(2) Der Reichsarbeitsminister ist ermächtigt, im Einvernehmen mit dem
Reichswirtschaftsminister, soweit der Sechste Abschnitt in Frage kommt,
auch im Einvernehmen mit dem Reichsminister der Finanzen und dem Reichsminister des Innern
zur Durchführung und Ergänzung dieses Gesetzes Rechtsverordnungen und allgemeine
Verwaltungsvorschriften zu erlassen und hierbei von bestehenden gesetzlichen Vorschriften
abzuweichen.
§ 65
Folgende Gesetze und Verordnungen treten außer Kraft: |
- das Betriebsrätegesetz samt der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen und
Bestimmungen,
- das Gesetz über die Betriebsbilanz und die Betriebsgewinn- und verlustrechnung vom 5.
Februar 1921 (Reichsgesetzbl. S. 159),
- das Gesetz über die Entsendung von Betriebsratsmitgliedern in den Aufsichtsrat vom 15.
Februar 1922 (Reichsgesetzbl. S. 209) nebst Wahlordnung,
- das Gesetz über Betriebsvertretungen und über wirtschaftliche Vereinigungen vom 4.
April 1933 (Reichsgesetzbl. I S. 161), mit Ausnahme der Artikel III und V, samt den zu den
aufgehobenen Vorschriften erlassenen Verordnungen,
- das Gesetz zur Änderung des Gesetzes über Betriebsvertretungen und über
wirtschaftliche Vereinigungen vom 26. September 1933 (Reichsgesetzbl. I S. 667),
- die Tarifvertragsverordnung samt den auf Grund dieser Verordnung erlassenen
Bestimmungen,
- die Verordnung über das Schlichtungswesen vom 30. Oktober 1923 (Reichsgesetzbl. I S.
1043) und die Zweite Verordnung zur Ausführung der Verordnung über das Schlichtungswesen
vom 29. Dezember 1923 (Reichsgesetzbl. 1924 I S. 9),
- das Gesetz über Treuhänder der Arbeit vom 19. Mai 1933
(Reichsgesetzbl. I S. 285) mit Durchführungsverordnung vom 13. Juni 1933 (Reichsgesetzbl.
I S. 368) und das Gesetz über die Übertragung der Restaufgaben der Schlichter auf die
Treuhänder der Arbeit vom 20. Juli 1933 (Reichsgesetzbl. I S. 520),
- das Gesetz über die Beisitzer der Arbeitsgerichts- und Schlichtungsbehörden und der
Fachausschüsse für Hausarbeit vom 18. Mai 1933 (Reichsgesetzbl. I S. 276) mit Ausnahme
des Artikels I § 4,
- die Verordnung, betreffend Maßnahmen gegenüber Betriebsabbrüchen und -stillegungen,
vom 8. November 1920 (Reichsgesetzbl. S. 1901) in der Fassung der Verordnung über
Betriebsstillegungen und Arbeitsstreckung vom 15. Oktober 1923 (Reichsgesetzbl. I S. 983)
samt den auf grund der Verordnung erlassenen Bestimmungen,
- die Verordnung, betreffend die Stillegung von Betrieben, welche die Bevölkerung mit
Gas, Wasser, Elektrizität versorgen, vom 10. November 1920 (Reichsgesetzbl. S. 1865).
|
§ 66
(1) Die Zuständigkeit der
Arbeitsgerichte für die in § 2 Abs. 1 Nr. 1, 4 und 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes
aufgeführten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten und Fälle entfällt, soweit es sich
nicht um anhängige Verfahren handelt. Mit dieser Maßgabe treten die Vorschriften des §
10 des Arbeitsgerichtsgesetzes über die Parteifähigkeit, der §§ 63 und 71 des
Arbeitsgerichtsgesetzes über das Verfahren in besonderen Fällen und der §§ 80 bis 90
des Arbeitsgerichtsgesetzes über das Beschlußverfahren außer Kraft.
(2) In den Vorschriften des Arbeitsgerichtsgesetzes über die Berufung der
Beisitzer tritt an die Stelle der wirtschaftlichen Vereinigungen von Arbeitgebern oder von
Arbeitnehmern oder der Verbände solcher Vereinigungen (Spitzenverbänden) die Deutsche
Arbeitsfront; die Vorschriften des § 23 Abs. 1 Satz 3 und des Abs. 2 dieses Gesetzes
gelten entsprechend.
(3) Der § 11 des Arbeitsgerichtsgesetzes erhält folgende Fassung: |
|
"[1] Vor den Arbeitsgerichten sind als Prozeßbevollmächtigte
oder Beistände zugelassene Leiter und Angestellte der von der Deutschen Arbeitsfront
getrennt nach Unternehmen einerseits, Arbeitern und Angestellten andererseits
einzurichtenden Rechtsberatungsstellen, soweit diese Personen nicht neben derartigen
Vertretungen die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten vor Gericht geschäftsmäßig
betreiben, sowie Rechtsanwälte, die im Einzelfalle von seiten der Deutschen Arbeitsfront
zur Vertretung einer Partei ermächtigt sind. Im übrigen sind Personen, die die Besorgung
fremder Rechtsangelegenheiten vor Gericht geschäftsmäßig betreiben, als
Prozeßbevollmächtigte oder Beistände ausgeschlossen.
[2] Vor den Landesarbeitsgerichten und dem Reichsarbeitsgericht müssen sich die
Parteien durch Rechtsanwälte als Prozeßbevollmächtigte vertreten lassen; zur Vertretung
berechtigt ist jeder bei einem deutschen Gericht zugelassene Anwalt.
[3] Der Reichsarbeitsminister kann im Einvernehmen mit dem Reichswirtschaftminister
und dem Reichsminister der Justiz durch Verordnung andere Stellen (Vereinigungen,
Körperschaften) den im Abs. 1 bezeichneten Rechtsberatungsstellen der Deutschen
Arbeitsfront für die Prozeßvertretung ihrer Mitglieder gleichstellen." |
(4) Für die beim Inkrafttreten der
Vorschrift des Abs. 3 vor den Landesarbeitsgerichten anhängigen Verfahren bleiben die
nach den bisherigen Vorschriften als Prozeßbevollmächtigte zugelassenen Vertreter auch
weiterhin zugelassen.
(5) Bei der ersten Berufung der Beisitzer der Landesarbeitsgerichte auf Grund
dieses Gesetzes entfällt das Erfordernis einer dreijährigen Tätigkeit als Beisitzer
einer Arbeitsgerichtsbehörde.
(6) Für die im § 48 Abs. 2 des Arbeitsgerichtsgesetzes genannten Streitigkeiten
kann der Treuhänder der Arbeit in einer Tarifordnung die Zuständigkeit eines an sich
örtlich unzuständigen Arbeitsgerichts bestimmen.
(7) In den Fällen der §§ 56 ff. dieses Gesetzes wird die
vollstreckbare Ausfertigung eines der Klage stattgebenden Urteils dem Gekündigten nur
erteilt, wenn er nachweist, daß der Unternehmer den Widerruf der Kündigung ablehnt oder
sich binnen der im § 57 Abs. 2 und 3 dieses Gesetzes festgesetzten
Fristen nicht erklärt hat. Der Nachweis kann auch durch Versicherung an Eidesstatt
geführt werden.
(8) In den Fällen der §§ 56 ff. dieses Gesetzes findet eine
Revision an das Reichsarbeitsgericht nicht statt.
(9) Der Reichsarbeitsminister und der Reichsminister der Justiz werden ermächtigt,
das Arbeitsgerichtsgesetz unter Vornahme der Änderungen, die sich aus diesem Gesetz und
früheren Gesetzen und Verordnungen ergeben, in neuer Fassung im Reichsgesetzblatt
bekanntzumachen und dabei etwaige Unstimmigkeiten des Gesetzestextes zu beseitigen; sie
können hierbei auch die Vorschriften über die Beisitzerausschüsse (§§ 29, 38) und
unter Anpassung an die Vorschriften des § 32 Abs. 2 dieses Gesetzes den
Ausschluß der Arbeitsgerichtsbarkeit (IV. Teil des Arbeitsgerichtsgesetzes) neu regeln. |
§ 67
(1) Die Vorschriften der §§ 18 bis 48 des
Hausarbeitsgesetzes vom 27. Juni 1923 (Reichsgesetzbl. I S. 472 und 730) in der Fassung
des Gesetzes über Lohnschutz in der Heimat vom 8. Juni 1933 (Reichsgesetzbl. I S. 347)
über die Errichtung und Aufgaben von Fachausschüssen und die Verordnung über
Fachausschüsse für Hausarbeit vom 28. November 1924 (Reichsgesetzbl. I S. 757) treten
außer Kraft.
(2) Der Reichsarbeitsminister wird ermächtigt, |
- das Hausarbeitsgesetz vom 27 Juni 1923 in der Fassung des Gesetzes über Lohnschutz in
der Heimarbeit vom 8. Juni 1933 unter Vornahme der Änderungen, die sich aus diesem Gesetz
ergeben, in der Fassung im Reichsgesetzblatt bekanntzumachen und dabei etwaige
Unstimmigkeiten des Gesetzestextes zu beseitigen;
- Rechtsverordnungen und Durchführungsverordnungen zu erlassen, um die Überleitung der
Tätigkeit der Fachausschüsse auf die Treuhänder der Arbeit sicherzustellen.
|
§ 68
(1) Die Verordnung über die
Arbeitszeit in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. April 1927 (Reichsgesetzbl. I
S. 110) wird wie folgt geändert: |
- Der § 2 erhält folgende Fassung:
|
|
"Für Gewerbezweige oder Gruppen von Arbeitnehmern, bei denen
regelmäßig und in erheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft vorliegt, kann durch eine
Tarifordnung oder, soweit eine solche nicht besteht oder doch Arbeitsverhältnisse dieser
Art nicht berücksichtigt, durch den Reichsarbeitsminister oder den Treuhänder der Arbeit
eine vom § 1 Satz 2 und 3 abweichende Regelung getroffen werden." |
- Zu den §§ 3 und 4 sind die Worte "nach Anhörung der gesetzlichen
Betriebsvertretung" zu streichen.
- Die §§ 5 und 6 erhalten folgende Fassung:
|
|
"§ 5
[1] Wird durch Tarifordnung die Arbeitszeit über die im § 1 Satz 2 und 3
festgesetzten Grenzen ausgedehnt, so gelten für die Beschäftigung der Arbeitnehmer, für
die die Tarifordnung verbindlich ist, deren Bestimmungen an Stelle der Vorschriften des §
1.
[2] Die Ausnahmen der §§ 3, 4 und 10 gelten auch neben Tarifordnungen.
§ 6
[1] Soweit die Arbeitszeit nicht in einer Tarifordnung geregelt
ist, kann auf Antrag des Unternehmers für einzelne Betriebe oder Betriebsabteilungen eine
vom § 1 Satz 2 und 3 abweichende Regelung der Arbeitszeit durch den zuständigen
Gewerbeaufsichtsbeamten oder Bergaufsichtsbeamten widerruflich zugelassen werden, sofern
sie aus betriebstechnischen Gründen, insbesondere bei Betriebsunterbrechungen durch
Naturereignisse, Unglücksfälle oder andere unvermeidliche Störungen, oder aus allgemein
wirtschaftlichen Gründen geboten ist. Für den Bereich mehrerer Gewerbeaufsichtsämter
oder Bergaufsichtsämter sowie für ganze Gewerbezweige oder Berufe steht die gleiche
Befugnis der obersten Landesbehörde, für Fälle, die sich auf mehrere Länder
erstrecken, dem Reichsarbeitsminister zu. Gegen den Bescheid ist, jederzeit die Beschwerde
an die vorgesetzte Behörde zulässig, die endgültig entscheidet. Die Beschwerde hat
keine aufschiebende Wirkung.
[2] Wird nachträglich eine Regelung in einer Tarifordnung getroffen, so tritt
diese ohne weiteres an die Stelle der behördlichen." |
- Der § 6a Abs. 2 erhält folgende Fassung:
|
|
"Als angemessene Vergütung gilt, wenn nicht die Beteiligten
eine andere Regelung vereinbaren oder besondere Umstände eine solche rechtfertigen oder
der Reichsarbeitsminister oder der Treuhänder der Arbeit eine abweichende Regelung
treffen, ein Zuschlag von fünfundzwanzig vom Hundert." |
- Im § 6a fallen die Abs. 3 und 4 weg. In dem bisherigen Abs. 5 sind die Worte "nach
Anhörung der wirtschaftlichen Vereinigungen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer" zu
streichen.
- Der § 8 Abs. 1 erhält folgende Fassung:
|
|
"Im Bergbau unter Tage ist für Betriebspunkte mit einer
Wärme über 28 Grad Celsius durch die zuständige Bergbehörde eine Verkürzung der
Arbeitszeit anzuordnen. Weitergehende bergpolizeiliche Bestimmungen bleiben
unberührt." |
- In den §§ 9 Abs. 1 und 15 Abs. 1 sind die Worte "nach Anhörung der
wirtschaftlichen Vereinigungen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer" zu streichen.
|
(2) Die Ziffern III, VIII und IX Satz
2 der Anordnung über die Regelung der Arbeitszeit gewerblicher Arbeiter vom 25. November
1918 (Reichsgesetzbl. S. 1334) und 17. Dezember 1918 (Reichsgesetzbl. S. 1436) und die
§§ 3, 15 und 16 Abs. 1 Satz 3 der Verordnung über die Regelung der Arbeitszeit der
Angestellten vom 18. März 1919 (Reichsgesetzbl. S. 315) treten mit der Maßgabe außer
Kraft, daß Anfang und Ende der regelmäßigen täglichen Arbeitszeit und der Pausen in
allen Betrieben durch Aushang bekanntzumachen sind.
(3) Der Reichsarbeitsminister wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem
Reichswirtschaftsminister die Verordnung über die Arbeitszeit unter Vornahem der
Änderungen, die sich aus diesem Gesetz ergeben, und unter Einbeziehung der Vorschriften
der Gewerbeordnung über die Arbeitszeit in neuer Fassung im Reichsgesetzblatt
bekanntzumachen und dabei etwaige Unstimmigkeiten des Gesetzestextes zu beseitigen. |
§ 69
(1) Die Verordnung über die
Arbeitszeit in den Bäckereien und Konditoreien in der Fassung des Gesetzes vom 16. Juli
1927 (Reichsgesetzbl. I S. 183) wird wie folgt geändert: |
- Im § 1 Abs. 1 sind die Worte "nach Anhörung der gesetzlichen
Betriebsvertretungen" zu streichen.
- Der § 1 Abs. 2 Satz 1 erhält folgende Fassung:
|
|
"In den im Abs. 1 genannten betrieben kann durch eine
Tarifordnung oder, wenn eine solche nicht besteht, durch den Reichsarbeitsminister eine
vom § 1 Abs. 1 abweichende Regelung getroffen werden." |
(2) Die §§ 134a bis 134f, der § 139k, der § 147
Abs. 1 Nr. 5, der § 148 Abs. 1 Nr. 11 und 12, der § 150 Abs. 1 Nr. 5 und der § 152 der
Gewerbeordnung treten außer Kraft.
(3) Im § 133h der Gewerbeordnung ist an Stelle von "der §§ 134 bis
134h" zu setzen "des § 134"; im § 149 Abs. 1 Nr. 7 der Gewerbeordnung ist
"§ 134e Abs. 2" im § 154a der Gewerbeordnung ",152 und 153" zu
streichen.
(4) Der § 13 der Verordnung, betreffend eine vorläufige Landarbeitsordnung, tritt
außer Kraft.
(5) Der § 75f des Handelsgesetzbuchs erhält folgende Fassung: |
|
"Im Falle einer Vereinbarung, durch die sich ein Prinzipal
einem anderen Prinzipal gegenüber verpflichtet, einen Handelsgehilfen, der bei diesem im
Dienst ist oder gewesen ist, nicht oder nur unter bestimmten Voraussetzungen anzustellen,
steht beiden Teilen der Rücktritt frei. Aus der Vereinbarung findet weder Klage noch
Einrede statt." |
(6) Soweit in einem Gesetz oder einer
Verordnung der Tarifvertrag angeführt wird, tritt an seine Stelle die Tarifordnung.
(7) Der Reichsarbeitsminister wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem
Reichswirtschaftsminister weitere Änderungen von Gesetzen und Verordnungen, die sich aus
diesem Gesetz ergeben, durch Verordnung vorzunehmen und dabei etwaige Unstimmigkeiten des
Gesetzestextes zu beseitigen; er kann auch die geänderten Gesetze und Verordnungen in
neuer Fassung im Reichsgesetzblatt bekanntmachen. |
§ 70
Das Anstellungsverhältnis der bisherigen Treuhänder der Arbeit
endet vorbehaltlich der Wiederernennung nach § 18 dieses Gesetzes mit
dem 31. März 1934.
§ 71
Soweit in Betrieben, in denen nach diesem Gesetz eine
Betriebsordnung zu erlassen ist, eine Arbeitsordnung nicht vorhanden ist oder die
vorhandene Arbeitsordnung nicht den Vorschriften dieses Gesetzes entspricht, ist eine
Betriebsordnung spätestens zum 1. Juli 1934 vom Führer des Betriebs zu erlassen. Bis zum
Inkrafttreten einer Betriebsordnung gilt die bisherige Arbeitsordnung als Betriebsordnung
weiter.
§ 72
(1) Die am 1. Dezember 1933 geltenden oder nach diesem Tag in
Kraft getretenen Tarifverträge bleiben bis zum 30. April 1934 in Kraft, soweit nicht der
Treuhänder der Arbeit Änderungen vornimmt oder ihren früheren Ablauf anordnet.
(2) Die am 30. April 1934 noch laufender Tarifverträge und
Mindestentgeltfestsetzungen der Fachausschüsse für Hausarbeit treten mit dem Ablauf
dieses Tages außer Kraft, soweit nicht der Treuhänder der Arbeit oder der
Reichsarbeitsminister ihre Weiterdauer als Tarifordnung anordnet; die Vorschrift des § 33 Abs. 3 gilt entsprechend.
§ 73
(1) Im § 25 des
Reichsbeamtengesetzes ist hinter dem Wort "Marine," und vor den Worten "die
Vorsteher der diplomatischen Missionen" einzuschalten: "die Treuhänder der
Arbeit,".
(2) Die dem Besoldungsgesetze vom 16. Dezember 1927 (Reichsgesetzbl. I S. 349) als
Anlage 1 beigefügte Besoldungsordnung A, Aufsteigende Gehälter, wird wie folgt
geändert: |
|
In der Besoldungsgruppe 1 ist bei
"Reichsarbeitsministerium" am Schluß hinzuzufügen: |
|
|
"Treuhänder der Arbeit". |
Berlin, den 20. Januar 1934.
Der Reichskanzler
Adolf Hitler
Der Reichsarbeitsminister
Franz Seldte
Der Reichswirtschaftsminister
Dr. Schmitt
Der Reichsminister der Justiz
Dr. Gürtner
Der Reichsminister der Finanzen
Graf Schwerin von Krosigk
Der Reichsminister des Innern
Frick
|