Erlaß des Führers und Reichskanzlers über die Ausübung des Gnadenrechts.

Vom 1. Februar 1935.


  Auf Grund des § 8 des Reichsstatthaltergesetzes vom 30. Januar 1935 (Reichsgesetzbl. I S. 65) bestimme ich über die Ausübung des Gnadenrechts in Strafsachen und Dienststrafsachen unter Aufhebung der Erlasse vom 3. und 7. Februar, 21. März, 16. April und 24. Oktober 1934 (Reichsgesetzbl. I S. 82, 87, 211, 338, 1069) was folgt:

I. Ich behalte mir vor
1. die Entschließung über die Ausübung des Begnadigungsrecht
a) bei Todesstrafen,
b) bei Strafen wegen Hoch- und Landesverrats,
c) bei Strafen gegen Soldaten und Wehrmachtsbeamte, wenn auf Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten erkannt ist,
d) bei anderen Strafen, wenn ich den Vorbehalt allgemein oder im Einzelfall ausspreche,
2. die Niederschlagung von Strafverfahren, die zur Zuständigkeit der Gerichte gehören, und von Dienststrafverfahren, die bei Dienststrafgerichten bereits anhängig sind.

II. Im übrigen übertrage ich mit dem Rechte der Weiterübertragung die Befugnis zu Gnadenerweisen und ablehnenden Entschließungen in Gnadensachen:
1. für die zur Zuständigkeit der Gerichte gehörigen Sachen, soweit es sich nicht um die nachstehend genannten Fälle handelt, dem Reichsminister der Justiz,
2. für die zur Zuständigkeit der Militärgerichte gehörigen Sachen einschließlich der Strafen, die gegen Soldaten und Wehrmachtsbeamte vor dem Inkrafttreten der Militärstrafgerichtsordnung von allgemeinen Gerichten verhängt worden sind, dem Reichswehrminister,
3. für Steuerzuwiderhandlungen (einschließlich Zollzuwiderhandlungen), für Zuwiderhandlungen gegen Finanzmonopole und für Zuwiderhandlungen gegen Ein- und Ausfuhrverbote dem Reichsminister der Finanzen,
4. für Strafen, die durch rechtskräftige Verfügungen der Polizei- oder anderer Verwaltungsbehörden verhängt sind, den Reichsministern, die die Dienstaufsicht über diese Behörden führen,
5. für Ordnungsstrafen den Reichsministern, zu deren Geschäftsbereich die Stellen gehören, die die Ordnungsstrafen verhängt haben,
6. für von Verwaltungsgerichten verhängte Strafen - abgesehen von Dienststrafen - den Reichsministern, die die Dienstaufsicht über die Verwaltungsgerichte führen,
7. für Dienststrafsachen und für Amts- und Ruhegehaltsverlust, der auf einem Strafurteil beruht,
a) für die unmittelbaren Reichsbeamten den zuständigen Obersten Reichsbehörden,
b) für die unmittelbaren Landesbeamten
    in Preußen dem Ministerpräsidenten,
    in den übrigen Ländern den Reichsstatthaltern, soweit sich nicht der zuständige Reichsminister im Einvernehmen mit dem Reichsminister des Innern für bestimmte Fälle die Entschließung über die Ausübung des Gnadenrechts vorbehält,
c) für die Beamten der Gemeinden und Gemeindeverbände dem Reichsminister des Innern,
d) für die übrigen Beamten den für die Dienstaufsicht zuständigen Reichsministern.
Die Übertragung nach Nr. 7 a gilt nicht für die Aufhebung eines auf Dienstentlassung lautenden Disziplinarurteils, für die Zuerkennung eines im Disziplinarurteil nicht ausgesprochenen Teilruhegehalts, für die Erhöhung eines zugebilligten Teilruhegehalts und für die Beseitigung der beamtenrechtlichen Folgen einer strafgerichtlichen Verurteilung.

III. Die Vorbereitung der mir nach I vorbehaltenen Entschließungen und die Ausführung des Erlasses im übrigen liegt den unter II zur Ausübung von Gnadenbefugnissen ermächtigten Behörden ob.


Berlin, den 1. Februar 1935.

Der Führer und Reichskanzler
Adolf Hitler

Der Reichsminister der Justiz
Dr. Gürtner


Der Reichsminister des Innern
Frick

Der Reichswehrminister
von Blomberg

Der Reichsminister der Finanzen
Graf Schwerin von Krosigk

 

Dieses Dokument ist Bestandteil von
Zur documentArchiv.de-Hauptseite

Weitere Dokumente finden Sie in den Rubriken


19. Jahrhundert

Deutsches Kaiserreich

Weimarer Republik

Nationalsozialismus

Bundesrepublik Deutschland

Deutsche Demokratische Republik

International

 

Quelle: Reichsgesetzblatt 1935 I, S. 74-75.


Empfohlene Zitierweise des Dokumentes:
Erlaß des Führers und Reichskanzlers über die Ausübung des Gnadenrechts (01.02.1935), in: documentArchiv.de [Hrsg.], URL: http://www.documentArchiv.de/ns/1935/gnade_erl.html, Stand: aktuelles Datum.


Empfohlene Zitierweise des Dokumentes:
Reichsstatthaltergesetz (30.01.1935)
Anordnung über die Ausübung des Gnadenrechts in Dienststrafsachen (21.02.1935)
Anordnung über die Ausübung des Gnadenrechts bei Polizeistrafen, Ordnungsstrafen usw. (23.02.1935)


Dieses Dokument drucken!
Dieses Dokument weiterempfehlen!
Zur Übersicht »Nationalsozialismus/Drittes Reich« zurück!
Die Navigationsleiste von documentArchiv.de laden!


Letzte Änderung: 03.02.2004
Copyright © 2001-2004 documentArchiv.de