Anordnung über die Ausübung des Gnadenrechts in Dienststrafsachen.

Vom 21. Februar 1935.


  Nach dem Erlaß des Führers und Reichskanzlers über die Ausübung des Gnadenrechts vom 1. Februar 1935 (Reichsgesetzbl. I S. 74) und dem Erlaß des Preußischen Ministerpräsidenten vom 6. Februar 1935 (Preuß. Gesetzsamml. S 13) gilt für die Ausübung des Gnadenrechts über die zum Geschäftsbereich des Reichs- und Preußischen Ministers des Innern gehörenden Beamten folgendes:

I. Der Führer und Reichskanzler  hat sich vorbehalten
1. für alle Beamten die Niederschlagung von Dienststrafverfahren, die bei Dienststrafgerichten bereits anhängig sind; Niederschlagung in diesem Sinne ist das Verbot, ein Dienstvergehen , über das noch nicht rechtskräftig entschieden ist, weiterzuverfolgen;
2. für die unmittelbaren Reichsbeamten die Aufhebung eines auf Dienstentlassung lautenden Disziplinarurteils, die Zuerkennung eines im Disziplinarurteil nicht zugesprochenen Teilruhegehalts, die Erhöhung eines zugebilligten Teilruhegehalts und die Beseitigung der beamtenrechtlichen Folgen einer strafgerichtlichen Verurteilung.

II. Der Preußische Ministerpräsident hat sich vorbehalten für die preußischen unmittelbaren Landesbeamten
1. die Aufhebung eines auf Dienstentlassung lautenden Dienststrafurteils,
2. die Beseitigung der beamtenrechtlichen Folgen einer strafgerichtlichen Verurteilung.

III.  Mir, dem Reichs- und Preußischen Minister des Innern, steht für Dienststrafsachen und für Amts- und Ruhegehaltsverlust, der auf einem Strafurteil beruht, zu
a) die Befugnis zu Gnadenerweisen, soweit sich nicht der Führer und Reichskanzler und der Preußische Ministerpräsident dieses Recht vorbehalten haben (I und II),
b) die Befugnis zu ablehnenden Entschließungen
1. für die mir unterstehenden unmittelbaren Reichsbeamten,
2. für die mir unterstehenden preußischen unmittelbaren Landesbeamten,
3. für alle- auch nichtpreußischen - Beamten der Gemeinden und Gemeindeverbände.
Soweit sich nach I und II der Führer und Reichskanzler und der Preußische Ministerpräsident die Befugnis zu Gnadenerweisen vorbehalten haben, ist auch in den Fällen, in denen ein Gnadenerweis für Beamte meines Geschäftsbereichs befürwortet wird, zunächst an mich zu berichten.

IV. Auf Grund der Nr. II 7b des Erlasses des Führers und Reichskanzlers vom 1. Februar 1935 behalte ich mir ferner vor für die unmittelbaren Landesbeamten der außerpreußischen Länder
1. die Aufhebung eines auf Dienstentlassung lautenden Disziplinarurteils,
2. die Beseitigung der beamtenrechtlichen Folgen einer strafgerichtlichen Verurteilung.
Im übrigen verbleibt die Ausübung des Gnadenrechts gegenüber unmittelbaren Landesbeamten den Reichsstatthaltern; sie vollziehen die Begnadigung "namens des Führers und Reichskanzlers".

V. Unberührt bleiben die reichs- und landesrechtlichen Vorschriften über
1. die Einstellung von förmlichen Disziplinarverfahren durch die obersten Dienstbehörden (Z. B. §§ 98, 101 des Reichsbeamtengesetzes, § 41 der Preußischen Beamtendienststrafordnung); diese Einstellung fällt nicht unter den Begriff der Niederschlagung im Sinne von I;
2. die Befugnis der Dienststrafvorgesetzten oder der höheren Behörden, eine im nichtförmlichen Verfahren verhängte Dienststrafe aufzuheben (z. B. § 19 der Preußischen Beamtendienststrafordnung).
Berlin, den 21. Februar 1935.

Der Reichsminister des Innern
Frick

 

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Quelle: Reichsgesetzblatt 1935 I, S. 213-214.


Empfohlene Zitierweise des Dokumentes:
Anordnung über die Ausübung des Gnadenrechts in Dienststrafsachen (21.02.1935), in: documentArchiv.de [Hrsg.], URL: http://www.documentArchiv.de/ns/1935/gnade-dstrafe_ao.html, Stand: aktuelles Datum.


Empfohlene Zitierweise des Dokumentes:
Erlaß des Führers und Reichskanzlers über die Ausübung des Gnadenrechts (01.02.1935)
Anordnung über die Ausübung des Gnadenrechts bei Polizeistrafen, Ordnungsstrafen usw. (23.02.1935)


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Letzte Änderung: 03.02.2004
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