Gränzvertrag zwischen dem Königreich Würtemberg und dem Großherzogthum Baden;

Paris den 2. October 1810.


  Se. Maj. der König von Würtemberg und Se. Kgl. Hoh. Der Großherzog von Baden haben in der Absicht, um diejenigen Stipulationen, welche in den beiderseitigen mit Frankreich zu Compiegne am 24. April und zu Paris am 7. September dieses Jahres abgeschlossenen Tractaten in Beziehung auf beide Höfe getroffen worden sind, in Erfüllung zu bringen und darüber die näheren Bestimmungen durch einen eigenen Staatsvertrag festzusetzen, zu Ihren Bevollmächtigten ernannt, nämlich: Se. Maj der König von Würtemberg Ihren außerordentl. Gesandten etc., Heinr. Levin Grafen von Wintzingeroda; und Se. Kgl. Hoheit der Großherzog von Baden Ihren Min. des Inn., auch außerord. Gesandten etc., Konrad Karl Friedrich Freiherrn von Andlau-Birseck; welche nach Auswechslung ihrer Vollmachten, über folgende Puncte übereingekommen sind.

  Art. I.  Se. Maj. der König von Würtemberg treten, um denjenigen Verbindlichkeiten zu entsprechen, welche Allerhöchstdieselben im 2. Art. des zu Compiegne am 24. April dies. Js. abgeschlossenen Vertrag gegen des Französischen Kaisers Majestät übernommen haben, an Se. Kgl. Hoheit den Großherzog von Baden die nachbemerkten an das Großherzogthum Baden angränzenden und eine Bevölkerung von 45,000 Seelen enthaltenden Landdistricte ab, und zwar:

  Art. II.  Um dem bestimmten Ansinnen Sr. Maj. des Kaisers zu entsprechen:

1) die ehemal. Landgraffschaft Nellenburg oder das gegenwärtige Oberamt Stockach, nach den hier nachfolgenden Bestantheilen: Stadt Stokach mit der Vorstadt Achen; Bodmann, Pfarrdorf, mit den Höfen Bodenwald, Frauenberg, Kargegg, Moosdorf, Müllersberg und Kemishof; Espasingen, Pfd., mit dem Hof Spittelsberg; Heudorf, Pfd., Dauenberg, Hof; Guggenhausen, Hof, mit Betzmühle; Glashütte, Hof; Rorgenwies, Pfd., mit der Geistermühle; Hindelwangen, Pfd., Braunenberg, Hof; Burchthal, Weiler; Bußdorf, Hechlem, Weiler; Nellenburg, Hof; Unterschoren, Hof; Zozzeneck, Dorf; Hoppetenzell, Pfd., Wolfholz, Hof; Bärenberg; Lipptingen, Pfd., sammt Edelstetter Mühle, Schäflehof, Waldhof und Wehnstetten; Mahlsbüren, Dorf; Mühlingen, Pfd.; Eschenreute, Hof; Haldenhof; Hotlerloch, Hof; Reichlingshag, Hof; Nennzingen, Pfd.; Oberschwandorf, Pfd.; Unterschwandorf, mit dem dem Hof Ilgenthal; Holzach, mit der Hattlenmühle, und Mainwangerhof; Obermühle in Mainwangen; Schafhäutle, Hof; Volkertsweiler; Orsingen, Pfd.; Langenstein, Schloß; Dänischer Hof; Sardinischer Hof; Portugiesischer Hof; Reebhaus; Ziegelhütte; Raithaßlach, Pfd.; Schwackenreute, Weiler; Sernatingen sammt den Höfen Weilenhof, Regetsweiler Hof, Bühlhof u. Airach, auch Bannwartshäuschen; Sipplingen, Pfd.; Stahringen, Pfd., mit Homburg, Schloß und Hof, und Roßberghof; Wahlwies, Pfd.; Wintersbühren, Pfd.; Hengelau, Hof; Ursaul, Hof; Zizenhausen, Dorf; Eisenbergwerk; Blaichen; Seggehof; Stampfwiesen; Windegg, Weiler; Aach, Städtchen und Dorf nebst zwei Mühlen; Beuren, Pfd.; Binningen, Pfd.; Hohenstoffeln, Schloß und Hof; Hofwiesen, Weiler; Starzeln-Hof, Duechtlingen, Dorf; Hohenkrähen, Schloß; Eigeitingen, Pfd.; Probsthof, Lochmühle; Mühlhausen, Pfd.; Maierhöfe; Mägdberg; Ziegelhütte; Reute; Weiler; Schlatt unter Krähen; Steißlingen mit der Hartmühle; Meiershof; Wier, Weiler; Volkertshausen, Pfd.; Hammerschmitte; Papiermühle; Weiterdingen mit der heil. Grab-Kapelle; Weiler am See; Lochmühle; Homboll, Hof; Pfaffenwies, Hof; Radolfszell, Stadt; Arlen; Dietfurt, Hof; Biethingen, Pfd.; Böhringen; Hof Reuthe; Haltenstetten; Riekelshausen; Biesingen; Ebringen; Friedingen, Pfd.; Harthof; Gottmadingen, Pfd.; Heilsberg, Hof; Hausen, Pfd.; Hemmenhofen; Randegg; Murr- und Kaltenbach, Weiler; Karpenhöfe; Singen, Pfd.; Remishof; die Sennerey in Niederhofen; Ueberlingen, Pfd.; Mönchhof, Schloß und Weiler; Homberg, mit Hirschlandenhof; Brielholz, Hof; Schweingruben, Hof; Stohren, drei Höfe; Mainwangen, Pfd.; Madachhöfe; Nozenberg; Reißmühle.


  Art. III.
2) Von dem Oberamte Hornberg: Stadt Hornberg mit Schloß; Stab Brigach mit Sommerau; Stab Buchenberg mit Münchhof und Mühllehen; Stab Gutach mit Hohenweg, Stab Kirnach, Stab Kürnbach, Stab Königsfeld; Stab Langenschiltach; Mönchweiler; Stab Peterzell; Stab Reichenbach; Stab Schiltach; Lehengericht Schiltach; St. Georgen mit Stockwald; Stab Stockburg sammt Schoren; Stab Weiler; Stab Thennenbronn mit Oberschiltach.
- 3) Von dem Oberamte Rottweil: Schabenhausen, Fischbach, Sinkingen, Kappel, Niedereschach, Dauchingen, Weilersbach.
- 4) Von dem Oberamte Tuttlingen: Biesingen nebst Mühle, Oberbaldingen nebst Mühle, Oeffingen, Sundhausen Würtemb. Antheils, Buchheim, Gutenstein, Ablach, Altheim, Engelwies.
- 5) Von dem Oberamte Ebingen: Stetten am kalten Markt, Hausen im Thal, Neudingen, Nusplingen, Oberglashütte, Unterglashütte, Schwenningen, Werwag, Heinstetten, Hartheim, Langenbrunn, Kallenberg.
- 6) Von dem Oberamte Maulbronn: Kieselbronn, Oeschelbronn, Ruith nebst Rothenberger Hof.
- 7) Von dem Oberamte Brakenheim: Kürnbach Würt. Antheils.
- 8) Von dem Oberamte Mergentheim: Oberbalbach Würt. Anth., Unterbalbach.


  Art. IV.  Se. Kgl. Hoh. der Großherzog von Baden werden diese Districte mit den nämlichen Titeln, Rechten und Verbindlichkeiten besitzen, wie solche bisher von Sr. Maj. dem Könige von Würtemberg besessen worden sind.

  Art. V.  Se. Kgl. Hoheit der Großherzog von Baden nehmen sämmtliche auf den abgetretenen Besitzungen haftende Schulden dergestalt auf Sich, daß Sie für Capital und Zinsen von dem Tage der vollzogenen Ueberweisung an einstehen. Die Betreffniß der durch die geschehenen Abtretungen getrennten Landestheile, sowohl an Kreis- und ritterschaftlichen Schulden, als auch an Landesschulden, in eben der Masse wie letztere rücksichtlich der von Baiern an Würtemberg cedirten Objecte Würtembergischer Seits werden übernommen werden müssen, nicht weniger an den auf den gemeinschaftlichen Amtspflegecassen ruhenden Schulden, wird nach dem bisherigen Steuerconcurrenzfuß bestimmt.

  Art. VI.  Eben so übernehmen Se. Kgl. Hoh. der Großherzog von Baden die auf den abgetretenen Besitzungen haftenden, und sie verhältnißmäßig treffenden, wie auch die wegen dieser Besitzungen von der Krone Würtemberg durch Verträge und andere öffentliche Acte übernommenen Pensionen, Lasten und Verbindlichkeiten.

  Art. VII.  Das für die unmittelbare Verwaltung der übergehenden Districte angestellte Localpersonale, welches an den neuen Besitzer übergeht, wird in dem ungeschmälerten Genusse seiner Dienstgehalte und Emolumente belassen.

  Art. VIII.  Die Rechte und Besitzungen, welche Kgl. Würtembergischen Gemeinden, Stiftungen, Corporationen und Unterthanen in den abgetretenen Landestheilen zustehen, bleiben ungeschmälert und werden unter der Souverainetät und nach den Gesetzen des neuen Regenten ausgeübt.

  Art. IX.  Die zur Zeit der Besitzergreifung in den abgetretenen Districten vorhandenen Vorräthe, sowie die zu diesem Zeitpunct erlaufenen Arreragen und Einkünfte jeder Art. - Von Seiten der Krone Würtemberg zur freien und ungehinderten Disposition und Einzug. - Von Seiten des Grh. Badischen Hofes wird hiebei alle beförderliche Assistenz geleistet, wogegen alle bis dahin verfallenen Zahlungen der Administrationskosten von dem Königl. Würtembergischen Hofe entrichtet werden.

  Art. X.  Diejenigen Güterbesitzer, deren Besitzungen durch gegenwärtigen Vertrag unter Grh. Badische Souverainetät kommen, welche aber noch andere Besitzungen im Kgr. Würtemberg haben, so wie jene aus diesen Districten, die in Kgl. Würtembergischen Hof-, Militär- und Civildiensten stehen, ohne Unterschied, ob sie noch im Königr. Würtemberg begütert bleiben oder nicht, sind nicht verbunden, ihr Domicil oder ihre Dienste zu verlassen. Sie genießen, so lange sie daselbst wohnen oder in Kgl. Diensten bleiben, ihre Güter und übrigen Einkünfte im Grhth. Baden frei und ungehindert; - wogegen jenen, deren Besitzungen durch gegenwärtigen Vertrag getheilt werden, die Entlassung aus Kgl. Würtembergischen Diensten und die Verlegung ihres Domicils in das Grhth. Baden nicht erschwert, und denselben ihre im Königr. Würtemberg zu beziehenden Gefälle ebenfalls frei und ungehindert verabfolgt werden sollen.

  Art. XI.  Den Einwohnern der abgetretenen Landestheile, welche in das Kgr. Würtemberg auswandern wollen, steht es innerhalb drei Jahren, vom Tage der Besitzergreifung an, frei, ihre Güter oder sonstiges Vermögen zu veräußern und den Erlös abgabenfrei in das Kgr. Würtemberg zu exportieren.

  Art. XII.   Was die dermalen unter den Kgl. Würtembergischen Truppen befindlichen Conscribirten aus den abgetretenen Besitzungen betrifft, so soll es dabei so gehalten werden, wie es bei den früheren Abtretungen beobachtet worden ist.

  Art. XIII.  Se. Hoh. der Großherzog von Baden machen sich unter der Garantie Sr. M. des Kaisers von Frankreich, Königs von Italien, Beschützer der Rheinischen Conföderation, verbindlich, die Kgl. Würtembergischen Unterthanen bei ihrem Handel und Wandel durch das abgetretene Oberamt Stockach mit erweislich Würtembergischen Producten den Grh. Badischen Unterthanen und Producten ganz gleich, überhaupt Würtemberg in dieser Provinz als die begünstigtste Nation zu behandeln, und mithin von den Würtembergischen Unterthanen nicht mehr Zoll und andere Abgaben erheben zu lassen, als von Ihren eigenen. - Hieneben macht sich der Grh. Badische Hof noch unter oberwähnter Kaiserl. Französischen Garantie verbindlich, die am heutigen Tage auf den Routen:

a) Tuttlingen über Engen, Thaingen und Schaffhausen, und
b) von Riedlingen, Mengen, über Möskirch, Stockach und Radolszell bestehenden Zölle, rücksichtlich der Kgl. Würtembergischen Unterthanen ohne wechselseitiges Einverständniß nicht zu erhöhen und denselben auf diesen Straßen keine Commercialhindernisse zu erregen.


  Art. XIV.  Die Bewohner der abgetretenen Districte bleiben bis zum 23. April 1811 in der Kgl. Würtemb. Brandversicherungs-Gesellschaft, mit Vortheil und Lasten.

  Art. XV.  In Betreff der an Baden übergehenden geistlichen Diener, welche in dem Kgl. Würtemb. Geistlichen Wittwenfiscus sind, wird es nach den in dem Staatsvertrag vom 16. April 1807, §. 11, lit. a, enthaltenen Dispositionen gehalten werden.

  Art. XVI.  Vierzehn Tage nach vollzogener Uebergabe der zu cedirenden Objecte sollen die zur Verification der Population, Abtheilung der Schulden, Auslieferung und Ausscheidung der Archival- und Registratur-Acten sogleich zu ernennenden beiderseitigen Commissarien ihr Geschäft antreten. Lagerbücher und andere Documente, welche zugleich abgetretene und nicht abgetretene Orte betreffen, bleiben gemeinschaftlich und in der Aufbewahrung desjenigen Theils, der das meiste Interesse dabei hat, jedoch mit der Verbindlichkeit, auf jedermaliges Verlangen dem andern Theile beglaubigte Abschriften, und in eilenden Fällen so schleunig wie immer möglich, mitzutheilen.

  Art. XVII.  Würde sich aus der Arbeit dieser beiderseitigen Commissarien ergeben, daß die abgetretenen Orte die Summe der 45,000 Seelen nicht vollständig enthielten, so macht sich der Kgl. Würtembergische Hof verbindlich, die fehlende Seelenzahl zu ergänzen, und sich mit dem Grh. Badischen Hofe über die hiezu erforderlichen Districte zu verständigen.

  Art. XVIII.   Die Ueberweisung der in dem gegenwärtigen Vertrage abgetretenen Districte wird in dem Zeitpuncte geschehen, in welchem die Krone Würtemberg den Besitz der ihr von Baiern abgetretenen Landesdistricte erlangt.

  Art. XIX.  Se. Kgl. Maj. von Würtemberg erklären Sich bereit, nach der geschehenen im vorangehenden Artikel erwähnten Ueberweisung wegen der Grh. Badischer Seits noch zur Sprache gebrachten Purifications-Objecte, in Gemäßheit des am 31. December 1808 abgeschlossenen Staatsvertrags, in weitere Unterhandlungen zu treten, wobei denn auch jene Modificationen, welche dieser Vertrag durch den gegenwärtigen Tractat leidet, näher zu bestimmen sind.

  Art. XX.  Die Ratificationen des gegenwärtigen Staatsvertrags sollen in Stuttgart binnen vierzehn Tagen, und wo möglich noch eher, ausgewechselt werden.


  So geschehen Paris, den zweiten October Eintausend Achthundert und Zehn.


(L. S.)     Heinr. Levin Gf. v. Wintzingeroda.                Frhr. v. Andlau.

 

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Quelle: Corpus Juris Confoederationis Germanicae oder Staatsacten für Geschichte und öffentliches Recht des Deutschen Bunds, hrsg. v. Philipp Anton Guido Meyer, Teil 1. Staatsverträge, 3. Aufl., Frankfurt am Main 1858, S. 125-127.


Empfohlene Zitierweise des Dokumentes:
Gränzvertrag zwischen dem Königreich Würtemberg und dem Großherzogthum Baden (02.10.1810), in: documentArchiv.de [Hrsg.], URL: http://www.documentArchiv.de/nzjh/1810/grenzvertrag_wuertemberg-baden.html, Stand: aktuelles Datum.


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Letzte Änderung: 03.01.2004
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