Verordnung des schwedischen Königs wegen Einführung der Schwedischen Staatsverfassung in Schwedisch-Pommern;

Greifswald den 26. Juni 1806.


Gustav Adolf, von Gottes Gnaden, der Schweden, Gothen und Wenden König u. s. w., Erbe zu Dänemark und Norwegen, Herzog zu Schleswig-Holstein u. s. w.

  Unsere besondere Gunst und gnädige Wohlgewogenheit, mit Gott dem Allmächtigen, getreuer Mann etc., Generalgouverneur, Akademie-Kanzler, General-Lieutenant etc.

  Schon seit längerer Zeit haben Wir mit Kummer verspürt, wie alle die Mühe und Sorgfalt, womit Wir dasjenige umfaßt, was Unsern getreuen Pommerschen Unterthanen zum wahren Nutzen und Vortheil gereichen könnte, bei der Ausübung unerwarteter Schwierigkeiten getroffen, womittelst Unsere gnädigen Absichten theils oftmals nicht erfüllt, theils durch Zeitverschub und bei jeder Gelegenheit geschehenes Berufen auf Privilegien in ihrer Wirkung verspätet worden. Wir haben Uns solchergestalt von den Gebrechen des jetzt geltenden Verfassungen überzeugt, zumal wenn Wir die raschern Fortschritte der vermehrten Bevölkerung und des Ertrags damit vergleichen, die andere Länder darbieten, wo alle die Hindernisse aufgehört, welche Unsern Deutschen Staaten die Quelle des Gedeihens, die einem wohleingerichteten Gemeinwesen so nothwendig sind, bisher fast abgeschnitten; haben auch zum schließlichen Beweise von der gegenwärtigen Staatsverfassung gefährlichen Folgen jüngst erfahren, daß Unser Gebot wegen Errichtung der Pommerschen Landwehre von Landständen durch die ungebührlichste Anwendung zur Prüfung der Deutschen Reichsgerichte hingewiesen worden und zwar während des Zeitpuncts, wo die Gränzen des Landes von Feinden bedroht werden.[1]

  Aus allen diesen verschiedenen wichtigen Gründen und dem zuletzt erfolgten Auftritt, so wie um die Sicherheit des Landes zu befördern, haben Wir Uns genöthigt gefunden, hiemittelst zu erklären: daß die dermalige Staatsverfassung in Unsern Deutschen Staaten von diesem Tage an aufgehoben, die Landstände nebst den Landräthen aufgelöset, und alle dazu gehörigen Einrichtungen und Verfassungen durchaus abgeschafft werden.

  Allein, da Wir auf der einen Seite die Nothwendigkeit, diesen Beschluß zu fassen, eingesehen, so haben Wir auf der andern geglaubt, auf keine mehr überzeugende Art an den Tag legen zu können, daß Unsere gnädige Absicht lediglich ist, die künftige Wohlfahrt Unserer deutschen Unterthanen zu bereiten, nicht aber Uns etwa neue, sie drückende Gerechtsame anzumaaßen, als indem Wir die schwedische Staatsverfassung in Unsere Deutschen Staaten einführen. Als König eines freien und dem Gesetz gehorchenden Volkes haben Wie die besondere Zufriedenheit, Unsern Pommerschen und Rügenschen Unterthanen durch diese Veränderung eine Zukunft zu verschaffen, wo sie, in Rücksicht sowohl ihrer Pflichten gegen Uns, als ihrer bürgerlichen Gerechtigkeit gleich und gesichert unter dem Schutze billiger Gesetze, nicht mehr einen abgesonderten Theil des Schwedischen Volkes auszumachen, sondern in brüderlicher Vereinigung die Verfassung genießen sollen, welche die Wohlfahrt desselben schon seit Jahrhunderten verbürgte.

  Wir wollen also, kraft dieses, öffentlich erklären, daß die Regierungsform des Schwedischen Reiches vom 21. August 1772, die Vereinigungs- und Sicherheits-Acten vom 21. Februar und 3. April 1789, die jedem der vier Stände in Schweden vergönnten Privilegien und Gerechtsame, imgleichen das Gesetz des Reiches Schweden, künftig als Fundamentalgesetze und Grundverfassungen Unserer Deutschen Staaten ausmachen, und darnach alle neuen Einrichtungen gefügt und in’s Werk gesetzt werden sollen.

  Bei dieser Gelegenheit wollen Wie jedoch Unsere Pommerschen Unterthanen auf’s kräftigste versichern, daß sie, jetzt und künftig, an der Bezahlung der Schwedischen Reichsschulden, und den in Schweden damit Gemeinschaft habenden Bewilligungen und Auflagen, nie Theil nehmen sollen. Ueberdem, wenn etwas vorfällt, das Pommern und Rügen eigentlich nur allein betrifft, und worüber, in Gleichheit mit der Schwedischen Staatsverfassung, die unterthänigen Auslassungen der Bevollmächtigten des Landes eingeholt werden müssen, so wollen Wir solche in diesem Lande besonders zu einem allgemeinen Landtage zusammenberufen lassen. Eine solche Berufung, worüber Wir in Gnaden weiter verordnen werden, wird auch unverzüglich ausgefertigt, und es wird Unserm Herzen eine angenehme Zufriedenheit gewähren, vor Unserm Thron ein treues Volk versammelt zu sehen, daß, nicht mehr mißgeleitet von verwickelten Verfassungen, bei der Ausübung seiner Unterthanenpflichten Unsere landesväterlichen Bemühungen für sein Wohl, worin Wir Unsere größte Belohnung finden, durch einträchtigen Beitritt unterstützen kann.

  Dieß Unser gnädiges Schreiben habt Ihr, in’s Deutsche übersetzt, durch den Druck allgemein bekannt zu machen, und zu aller Behörden unterthäniger Gelebung Unterricht von den Kanzeln verlesen zu lassen. Wir empfehlen Euch Gott dem Allmächtigen besonders gnädig.


  Greifswald, den 26. Juni 1806.


Gustav Adolph.
Gustav von Wetterstest.

 

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Anmerkung:
[1] Auch der Großteil der Mitglieder der pommerschen Regierung hatte den Widerstand der Stände unterstützt. Aus diesem Grund wurden die pommersche Regierung und die Landstände am 19. Juni 1806 vom schwedischen König aufgelöst und ein Generalgouverneur eingesetzt.


Quelle: Corpus Juris Confoederationis Germanicae oder Staatsacten für Geschichte und öffentliches Recht des Deutschen Bunds, hrsg. v. Philipp Anton Guido Meyer, Teil 1. Staatsverträge, 3. Aufl., Frankfurt am Main 1858, S. 73-75.


Empfohlene Zitierweise des Dokumentes:
Verordnung des schwedischen Königs wegen Einführung der Schwedischen Staatsverfassung in Schwedisch-Pommern (26.06.1806), in: documentArchiv.de [Hrsg.], URL: http://www.documentArchiv.de/nzjh/1806/schwedische-verfassung_pommern.html, Stand: aktuelles Datum.


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Letzte Änderung: 03.01.2004
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