Anordnung
zur Verleihung des akademischen Grades
Doktor der Wissenschaften
– Promotionsordnung B –

vom 21. Januar 1969


  Auf Grund des § 16 der Verordnung vom 6. November 1968 über die akademischen Grade (GBl. II S. 1022) wird in Übereinstimmung mit dem Zentralvorstand der Gewerkschaft Wissenschaft folgendes angeordnet:

§ 1
Das Recht zur Verleihung des Doktors der Wissenschaften

  (1) Das Recht zur Verleihung des Doktors der Wissenschaften "Promotionsrecht B" wird den Wissenschaftlichen Räten der Universitäten und Hochschulen (nachstehend Wissenschaftlicher Rat genannt) und entsprechenden Gremien anderer wissenschaftlicher Institutionen erteilt.
  (2) An Institutionen ohne Wissenschaftlichen Rat nimmt eine entsprechendes wissenschaftliches Gremium das Recht zur Verleihung akademischer Grade wahr.
  (3) Der Wissenschaftliche Rat kann Verfahren von Fakultäten durchführen lassen oder Kommissionen, denen Vertreter der Fakultäten und weitere Wissenschaftler angehören, mit der Durchführung der Verfahren beauftragen. Diese Entscheidung trifft der Senat.

§ 2
Der Antrag des Wissenschaftlers

  (1) Der Antrag auf Eröffnung des Verfahrens ist an den Wissenschaftlichen Rat zu richten bzw. bei dem Leiter der Institution zu stellen, an der das Verfahren durchgeführt werden soll. Ihm sind mindestens 4 Exemplare der Arbeit und die vom Wissenschaftlichen Rat geforderten Exemplare der Thesen beizufügen.
  (2) Außerdem sind einzureichen:

a) ein Lebenslauf, der insbesondere über den wissenschaftlichen Werdegang Auskunft gibt
b) eine Liste der Veröffentlichungen oder anderer wissenschaftlicher Leistungen, darüber vorhandene Einschätzungen, Stellungnahmen und Rezensionen
c) eine Einschätzung durch den zuständigen Leiter, die insbesondere über die wissenschaftliche Tätigkeit des Wissenschaftlers und seine Persönlichkeitsentwicklung Auskunft gibt
d) eine beglaubigte Abschrift der Urkunde über die Promotion.

  (3) Der Antrag ist nur an einer Institution zu stellen. Er kann zurückgezogen werden, solange über ihn nicht entschieden ist.
  (4) Empfehlungen für die Durchführung von Verfahren können von den Mitgliedern der Gesellschaftlichen und der Wissenschaftlichen Räte der Universitäten und Hochschulen sowie von zentralen gesellschaftlichen und wirtschaftsleitenden Organen den Vorsitzenden der Wissenschaftlichen Räte gegeben werden.

§ 3
Die Bedingungen für die Verleihung

  (1) Der Doktor der Wissenschaften wird verliehen nach
  a) positiver Bewertung der wissenschaftlichen Arbeit (Dissertation)
  b) erfolgreicher Verteidigung der Forschungsergebnisse.
  (2) Über weitere Voraussetzungen, insbesondere gemäß § 6 Abs. 1 Buchstaben b bis d der Verordnung vom 6. November 1968 über die akademischen Grade, ist der Nachweis in geeigneter Form zu führen. Einzelheiten regeln die Senate der Wissenschaftlichen Räte.

§ 4
Die wissenschaftliche Arbeit

  (1) Der Kandidat hat seine besondere wissenschaftliche Qualifikation durch eine schriftliche Promotionsleistung nachzuweisen. Das kann auch durch mehrere Arbeiten gleicher oder zusammenhängender Thematik in der für den Wissenschaftszweig spezifischen Form (nachstehend Arbeit genannt) erfolgen. Sie ist in der Regel aus kollektiver Forschungsarbeit hervorgegangen.
  (2) Grundlage für die Verleihung sind Forschungsergebnisse, die dem Höchstniveau in der Wissenschaft entsprechen und die erkennen lassen, daß zur Mitbestimmung des internationalen Entwicklungsstandes von Wissenschaft und Technik die wissenschaftlichen Aufgaben mit hohem theoretischen Niveau gelöst wurden. Die theoretischen und praktischen Möglichkeiten für die Anwendung der Forschungsergebnisse sind konzeptionell nachzuweisen.
  (3) Die Ergebnisse der Arbeit sind in Thesen im Umfang von in der Regel einem Druckbogen zusammenzufassen. Sie sind Bestandteil der Arbeit und mit zu bewerten.
  (4) Bei Kollektivarbeiten hat der Wissenschaftler über seinen Anteil eine schriftliche Erklärung abzugeben. Der Leiter des Kollektivs hat über die Leistung und den Anteil des Kandidaten bei der Lösung der Aufgabe eine schriftliche Einschätzung zu geben.

§ 5
Das Gutachten

  (1) Die Arbeit ist von 3 Gutachtern zu beurteilen; davon dürfen 2 Gutachter Angehörige der Universität, Hochschule oder Institution sein, an der das Verfahren durchgeführt wird. Die Gutachter werden von der fachlich zuständigen Fakultät bestätigt.
  (2) Als Gutachter können tätig werden

a) ordentliche und Honorarprofessoren der Universitäten und Hochschulen
b) außerordentliche Professoren der Universitäten und Hochschulen
c) hochqualifizierte Vertreter der Praxis.

  (3) Die Gutachten sind innerhalb von 12 Wochen zu erstatten. Die Gutachter haben festzustellen, ob die Arbeit den Anforderungen, die an den Doktor der Wissenschaften zu stellen sind, entspricht und zur Annahme empfohlen wird.

§ 6
Die Annahme der Arbeit

  (1) Der Senat entscheidet über die Annahme der Arbeit, wenn die Mehrzahl der Gutachten positiv ist und Mitglieder des Senats bzw. der Fakultät keinen Einspruch erhoben haben. In Zweifelsfällen kann die Fakultät weitere Gutachter bestellen.
  (2) Eine abgelehnte Arbeit verbleibt mit den Gutachten bei der fachlich zuständigen Fakultät.

§ 7
Die Verteidigung

  (1) Die theoretische bzw. praktische Bedeutung der Forschungsergebnisse für die Gesellschaft und Wissenschaft sind zu verteidigen. Es sind Wege für ihre praktische Anwendung oder die weitere wissenschaftliche Bearbeitung zu begründen. Grundlage der Verteidigung sind die Thesen.
  (2) Die Verteidigung ist grundsätzlich öffentlich.
  (3) Zur Teilnahme an der Verteidigung sind die vom Dekan nach Konsultation mit zuständigen Fachvertretern bestimmten Mitglieder der Fakultät und Wissenschaftler der Sektionen bzw. die Mitglieder der Kommission verpflichtet.
  (4) Den Vorsitz bei der Verteidigung führt ein Mitglied des Senats, der Dekan bzw. der Vorsitzende der Kommission gemäß § 1 Abs. 3.
  (5) Nach der Verteidigung entscheiden die teilnehmenden Mitglieder des Senats bzw. der Kommission über die Bewertung der Verteidigung und empfehlen den Senat die Verleihung bzw. Nichtverleihung des Doktors der Wissenschaften.
  (6) Auf Beschluß des Senats kann bei hervorragenden Wissenschaftlern, deren wissenschaftliche Leistungen hohe Anerkennung gefunden und die sich besondere Verdienste um die gesellschaftliche Entwicklung der Deutschen Demokratischen Republik erworben haben, auf die Verteidigung verzichtet werden.

§ 8
Das nichtöffentliche Verfahren

  (1) Die Nichtöffentlichkeit eines Verfahrens ist zur Sicherung der Forschungsergebnisse vom zuständigen staatlichen Organ, Auftraggeber oder Nutzer der Forschungsergebnisse vorzuschlagen und durch den Senat festzulegen.
  (2) Der Kandidat ist verpflichtet, sich über den Vertraulichkeitsgrad des Themas bzw. seiner Forschungsergebnisse zu informieren. Der Vertraulichkeitsgrad des Themas ist im Zulassungsantrag anzugeben. Wenn erforderlich, haben die Gutachter einen Vertraulichkeitsgrad vorzuschlagen.
  (3) Anstelle der öffentlichen Verteidigung ist ein Kolloquium durchzuführen. Dafür kann der Kandidat 3 Themen vorschlagen. Die dafür vom Senat bestimmte Kommission führt das Kolloquium zu einem dieser Themen durch.

§ 9
Die Verleihung

  (1) Auf Grund des Vorschlages der bei der Verteidigung anwesenden Mitglieder des Senats, der Fakultät bzw. der Kommission beschließt der Senat über die Bewertung die Verleihung bzw. Nichtverleihung.
  (2) Über die Verleihung ist vom Wissenschaftlichen Rat eine Urkunde auszustellen (Anlage). Sie ist in deutscher Sprache unter dem Datum des Beschlusses auszufertigen, vom Rektor und dem zuständigen Dekan bzw. dem Vorsitzenden der Kommission zu unterzeichnen und mit dem Prägesiegel der Universität oder Hochschule zu versehen.
  (3) Die Urkunde ist auszuhändigen, wenn die Pflichtexemplare abgeliefert worden sind.

§ 10
Die Pflichtexemplare

  (1) Die Arbeit ist in 6 Pflichtexemplaren und die Thesen sind in den vom Wissenschaftlichen Rat geforderten Exemplaren einschließlich einer Dokumentationskarte in zweifacher Ausfertigung an die zentrale Bibliothek der Hochschule bzw. wissenschaftlichen Institution abzuliefern, an der das Verfahren durchgeführt wird.
  (2) Ein Exemplar der Arbeit muß fotokopierfähig sein.
  (3) Die eingereichten Exemplare müssen ein Titelblatt haben, das die Arbeit als Dissertation kennzeichnet sowie Vor- und Zunamen, Geburtstag und -ort des Wissenschaftlers und das Datum des Beschlusses gemäß § 9 enthält.
  (4) Arbeiten, die durch Druck- oder druckähnliche Verfahren hergestellt werden, müssen als Dissertation gekennzeichnet sein.
  (5) Wissenschaftler, die auf der Grundlage bereits veröffentlichter Arbeiten promoviert wurden, haben nur die Thesen entsprechend Abs. 1 einzureichen.

§ 11
Das Protokoll

  Über den Verlauf jedes Verfahrens ist ein Protokoll zu führen, das vom Vorsitzenden des Wissenschaftlichen Rates oder Dekan bzw. Vorsitzenden der Kommission zu bestätigen ist.

§ 12
Die Verfahrensordnung

  Der Senat erläßt auf der Grundlage dieser Anordnung eine Verfahrensordnung.

§ 13
Schlußbestimmungen

  (1) Diese Anordnung tritt am 1. Februar 1969 in Kraft.
  (2) Für Hochschulen der bewaffneten Organe und der gesellschaftlichen Organisationen bzw. Institutionen erlassen die zuständigen Leiter auf der Grundlage dieser Anordnung und im Einvernehmen mit dem Minister für Hoch- und Fachschulwesen erforderliche Bestimmungen für die Verleihung des Doktors der Wissenschaften.


  Berlin, den 21. Januar 1969

Der Minister
für Hoch- und Fachschulwesen

Prof. Dr. Gießmann


Anlage
zu § 9 Abs. 2 vorstehender Anordnung

Urkunde
über die Verleihung
des Doktors der Wissenschaften


M u s t e r

Universität / Hochschule


Der Wissenschaftliche Rat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

(Hochschule)

verleiht


. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
(Vor- und Zunahme)


geboren am . . . . . . . . . . . .

in . . . . . . . . . . . . . . . .


den akademischen Grad

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
(Bezeichnung)

auf Grund seiner hervorragenden wissenschaftlichen Befähigung auf dem Gebiet


. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

und seiner erfolgreichen Tätigkeit als Leiter wissenschaftlicher Kollektive.

. . . . . . . . . . . . . . . . . . .,

den . . . . . . . . . . . . . . . . . .

(Ort)
Der Rektor

(Datum)
Der Dekan


. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
(Unterschrift)


. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
(Unterschrift)


(Siegel)

 

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Quelle: Gesetzblatt der Deutschen Demokratischen Republik 1969 II, S. 110-112.


Empfohlene Zitierweise des Dokumentes:
Anordnung zur Verleihung des akademischen Grades Doktor der Wissenschaften – Promotionsordnung B (21.01.1869), in: documentArchiv.de [Hrsg.], URL: http://www.documentArchiv.de/ddr/prom-b-1969.html, Stand: aktuelles Datum.


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Letzte Änderung: 03.03.2004
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