| Vertrag über die abschließende Regelung in bezug auf
            Deutschland("Zwei-plus-Vier-Vertrag")
 vom 12. September 1990
 
 
 Die Bundesrepublik Deutschland, die Deutsche Demokratische Republik, die
            Französische Republik, das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland, die
            Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken und die Vereinigten Staaten von Amerika -
 IN DEM BEWUSSTSEIN, daß ihre Völker seit 1945 miteinander in Frieden leben,
 
 EINGEDENK der jüngsten historischen Veränderungen in Europa, die es ermöglichen, die
            Spaltung des Kontinents zu überwinden,
 
 UNTER BERÜCKSICHTIGUNG der Rechte und Verantwortlichkeiten der Vier Mächte in bezug auf
            Berlin und Deutschland als Ganzes und der entsprechenden Vereinbarungen und Beschlüsse
            der Vier Mächte aus der Kriegs- und Nachkriegszeit,
 
 ENTSCHLOSSEN, in Übereinstimmung mit ihren Verpflichtungen aus der Charta der Vereinten
            Nationen freundschaftliche, auf der Achtung vor dem Grundsatz der Gleichberechtigung und
            Selbstbestimmung der Völker beruhende Beziehungen zwischen den Nationen zu entwickeln und
            andere geeignete Maßnahmen zur Festigung des Weltfriedens zu treffen,
 
 EINGEDENK der Prinzipien der in Helsinki unterzeichneten Schlußakte der Konferenz über
            Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa,
 
 IN ANERKENNUNG, daß diese Prinzipien feste Grundlagen für den Aufbau einer gerechten und
            dauerhaften Friedensordnung in Europa geschaffen haben,
 
 ENTSCHLOSSEN, die Sicherheitsinteressen eines jeden zu berücksichtigen,
 
 ÜBERZEUGT von der Notwendigkeit, Gegensätze endgültig zu überwinden und die
            Zusammenarbeit in Europa fortzuentwickeln,
 
 IN BEKRÄFTIGUNG ihrer Bereitschaft, die Sicherheit zu stärken, insbesondere durch
            wirksame Maßnahmen zur Rüstungskontrolle, Abrüstung und Vertrauensbildung; ihrer
            Bereitschaft, sich gegenseitig nicht als Gegner zu betrachten, sondern auf ein Verhältnis
            des Vertrauens und der Zusammenarbeit hinzuarbeiten sowie dementsprechend ihrer
            Bereitschaft, die Schaffung geeigneter institutioneller Vorkehrungen im Rahmen der
            Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa positiv in Betracht zu ziehen,
 
 IN WÜRDIGUNG DESSEN, daß das deutsche Volk in freier Ausübung des
            Selbstbestimmungsrechts seinen Willen bekundet hat, die staatliche Einheit Deutschlands
            herzustellen, um als gleichberechtigtes und souveränes Glied in einem vereinten Europa
            dem Frieden der Welt zu dienen,
 
 IN DER ÜBERZEUGUNG, daß die Vereinigung Deutschlands als Staat endgültigen Grenzen ein
            bedeutsamer Beitrag zu Frieden und Stabilität in Europa ist,
 
 MIT DEM ZIEL, die abschließende Regelung in bezug auf Deutschland zu vereinbaren,
 
 IN ANERKENNUNG DESSEN, daß dadurch und mit der Vereinigung Deutschlands als einem
            demokratischen und friedlichen Staat die Rechte und Verantwortlichkeiten der Vier Mächte
            in bezug auf Berlin und Deutschland als Ganzes ihre Bedeutung verlieren,
 
 VERTRETEN durch ihre Außenminister, die entsprechend der Erklärung von Ottawa vom 13.
            Februar 1990 am 5. Mai 1990 in Bonn, am 22. Juni 1990 in Berlin, am 17. Juli 1990 in Paris
            unter Beteiligung des Außenministers der Republik Polen und am 12. September 1990 in
            Moskau zusammengetroffen sind -
 
 SIND wie folgt ÜBEREINGEKOMMEN:
 Artikel 1 (1) Das vereinte Deutschland wird die Gebiete der Bundesrepublik
            Deutschland, der Deutschen Demokratischen Republik und ganz Berlins umfassen. Seine
            Außengrenzen werden die Grenzen der Deutschen Demokratischen Republik und der
            Bundesrepublik Deutschland sein und werden am Tage des Inkrafttretens dieses Vertrags
            endgültig sein. Die Bestätigung des endgültigen Charakters der Grenzen des vereinten
            Deutschland ist ein wesentlicher Bestandteil der Friedensordnung in Europa.(2) Das vereinte Deutschland und die Republik Polen bestätigen die zwischen ihnen
            bestehende Grenze in einem völkerrechtlich verbindlichen Vertrag.
 (3) Das vereinte Deutschland hat keinerlei Gebietsansprüche gegen andere Staaten und wird
            solche auch nicht in Zukunft erheben.
 (4) Die Regierungen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen
            Republik werden sicherstellen, daß die Verfassung des vereinten Deutschland keinerlei
            Bestimmungen enthalten wird, die mit diesen Prinzipien unvereinbar sind. Dies gilt
            dementsprechend für die Bestimmungen, die in der Präambel und in den Artikeln 23 Satz 2
            und 146 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland niedergelegt sind.
 (5) Die Regierungen der Französischen Republik, des Vereinigten Königreichs
            Großbritannien und Nordirland, der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken und der
            Vereinigten Staaten von Amerika nehmen die entsprechenden Verpflichtungen und Erklärungen
            der Regierungen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik
            förmlich entgegen und erklären, daß mit deren Verwirklichung der endgültige Charakter
            der Grenzen des vereinten Deutschland bestätigt wird.
 Artikel 2 Die Regierungen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen
            Demokratischen Republik bekräftigen ihre Erklärungen, daß von deutschem Boden nur
            Frieden ausgehen wird. Nach der Verfassung des vereinten Deutschland sind Handlungen, die
            geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der
            Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten,
            verfassungswidrig und strafbar. Die Regierungen der Bundesrepublik Deutschland und der
            Deutschen Demokratischen Republik erklären, daß das vereinte Deutschland keine seiner
            Waffen jemals einsetzen wird, es sei denn in Übereinstimmung mit seiner Verfassung und
            der Charta der Vereinten Nationen. Artikel 3 
              
                | (1) Die Regierungen der Bundesrepublik
                Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik bekräftigen ihren Verzicht auf
                Herstellung und Besitz von und auf Verfügungsgewalt über atomare, biologische und
                chemische Waffen. Sie erklären, daß auch das vereinte Deutschland sich an diese
                Verpflichtungen halten wird. Insbesondere gelten die Rechte und Verpflichtungen aus dem
                Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen vom 1. Juli 1968 für das vereinte
                Deutschland fort.(2) Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland hat in vollem Einvernehmen mit der
                Regierung der Deutschen Demokratischen Republik am 30. August 1990 in Wien bei den
                Verhandlungen über Konventionelle Streitkräfte in Europa folgende Erklärung abgegeben:
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                |  | "Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland verpflichtet sich, die
                Streitkräfte des vereinten Deutschland innerhalb von drei bis vier Jahren auf eine
                Personalstärke von 370000 Mann (Land-, Luft- und Seestreitkräfte) zu reduzieren. Diese
                Reduzierung soll mit dem Inkrafttreten des ersten KSE-Vertrags beginnen. Im Rahmen dieser
                Gesamtobergrenze werden nicht mehr als 345000 Mann den Land- und Luftstreitkräften
                angehören, die gemäß vereinbartem Mandat allein Gegenstand der Verhandlungen über
                konventionelle Streitkräfte in Europa sind. Die Bundesregierung sieht in ihrer
                Verpflichtung zur Reduzierung von Land- und Luftstreitkräften einen bedeutsamen deutschen
                Beitrag zur Reduzierung der konventionellen Streitkräfte in Europa. Sie geht davon aus,
                daß in Folgeverhandlungen auch die anderen Verhandlungsteilnehmer ihren Beitrag zur
                Festigung von Sicherheit und Stabilität in Europa, einschließlich Maßnahmen zur
                Begrenzung der Personalstärken, leisten werden." |  
                | Die Regierung der Deutschen Demokratischen
                Republik hat sich dieser Erklärung ausdrücklich angeschlossen.(3) Die Regierungen der Französischen Republik, des Vereinigten Königreichs
                Großbritannien und Nordirland, der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken und der
                Vereinigten Staaten von Amerika nehmen diese Erklärungen der Regierungen der
                Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik zur Kenntnis.
 |  Artikel 4 (1) Die Regierungen der Bundesrepublik Deutschland, der Deutschen
            Demokratischen Republik und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken erklären, daß
            das vereinte Deutschland und die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken in
            vertraglicher Form die Bedingungen und die Dauer des Aufenthalts der sowjetischen
            Streitkräfte auf dem Gebiet der heutigen Deutschen Demokratischen Republik und Berlins
            sowie die Abwicklung des Abzugs dieser Streitkräfte regeln werden, der bis zum Ende des
            Jahres 1994 im Zusammenhang mit der Verwirklichung der Verpflichtungen der Regierungen der
            Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik, auf die sich Absatz
            2 des Artikels 3 dieses Vertrags bezieht, vollzogen sein wird.(2) Die Regierungen der Französischen Republik, des Vereinigten Königreichs
            Großbritannien und Nordirland und der Vereinigten Staaten von Amerika nehmen diese
            Erklärung zur Kenntnis.
 Artikel 5 (1) Bis zum Abschluß des Abzugs der sowjetischen Streitkräfte vom
            Gebiet der heutigen Deutschen Demokratischen Republik und Berlins in Übereinstimmung mit
            Artikel 4 dieses Vertrags werden auf diesem Gebiet als Streitkräfte des vereinten
            Deutschland ausschließlich deutsche Verbände der Territorialverteidigung stationiert
            sein, die nicht in die Bündnisstrukturen integriert sind, denen deutsche Streitkräfte
            auf dem übrigen deutschen Territorium zugeordnet sind. Unbeschadet der Regelung in Absatz
            2 dieses Artikels werden während dieses Zeitraums Streitkräfte anderer Staaten auf
            diesem Gebiet nicht stationiert oder irgendwelche andere militärische Tätigkeiten dort
            ausüben.(2) Für die Dauer des Aufenthalts sowjetischer Streitkräfte auf dem Gebiet der heutigen
            Deutschen Demokratischen Republik und Berlins werden auf deutschen Wunsch Streitkräfte
            der Französischen Republik, des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland
            und der Vereinigten Staaten von Amerika auf der Grundlage entsprechender vertraglicher
            Vereinbarung zwischen der Regierung des vereinten Deutschland und den Regierungen der
            betreffenden Staaten in Berlin stationiert bleiben. Die Zahl aller nichtdeutschen in
            Berlin stationierten Streitkräfte und deren Ausrüstungsumfang werden nicht stärker sein
            als zum Zeitpunkt der Unterzeichnung dieses Vertrags. Neue Waffenkategorien werden von
            nichtdeutschen Streitkräften dort nicht eingeführt. Die Regierung des vereinten
            Deutschland wird mit den Regierungen der Staaten, die Streitkräfte in Berlin stationiert
            haben, Verträge zu gerechten Bedingungen unter Berücksichtigung der zu den betreffenden
            Staaten bestehenden Beziehungen abschließen.
 (3) Nach dem Abschluß des Abzugs der sowjetischen Streitkräfte vom Gebiet der heutigen
            Deutschen Demokratischen Republik und Berlins können in diesem Teil Deutschlands auch
            deutsche Streitkräfteverbände stationiert werden, die in gleicher Weise militärischen
            Bündnisstrukturen zugeordnet sind wie diejenigen auf dem übrigen deutschen
            Hoheitsgebiet, allerdings ohne Kernwaffenträger. Darunter fallen nicht konventionelle
            Waffensysteme, die neben konventioneller andere Einsatzfähigkeiten haben können, die
            jedoch in diesem Teil Deutschlands für eine konventionelle Rolle ausgerüstet und nur
            dafür vorgesehen sind. Ausländische Streitkräfte und Atomwaffen oder deren Träger
            werden in diesem Teil Deutschlands weder stationiert noch dorthin verlegt.
 Artikel 6 Das Recht des vereinten Deutschland, Bündnissen mit allen sich daraus
            ergebenden Rechten und Pflichten anzugehören, wird von diesem Vertrag nicht berührt. Artikel 7 (1) Die Französische Republik, das Vereinigte Königreich
            Großbritannien und Nordirland, die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken und die
            Vereinigten Staaten von Amerika beenden hiermit ihre Rechte und Verantwortlichkeiten in
            bezug auf Berlin und Deutschland als Ganzes. Als Ergebnis werden die entsprechenden, damit
            zusammenhängenden vierseitigen Vereinbarungen, Beschlüsse und Praktiken beendet und alle
            entsprechenden Einrichtungen der Vier Mächte aufgelöst.(2) Das vereinte Deutschland hat demgemäß volle Souveränität über seine inneren und
            äußeren Angelegenheiten.
 Artikel 8 (1) Dieser Vertrag bedarf der Ratifikation oder Annahme, die so bald wie
            möglich herbeigeführt werden soll. Die Ratifikation erfolgt auf deutscher Seite durch
            das vereinte Deutschland. Dieser Vertrag gilt daher für das vereinte Deutschland.(2) Die Ratifikations- oder Annahmeurkunden werden bei der Regierung des vereinten
            Deutschland hinterlegt. Diese unterrichtet die Regierungen der anderen
            Vertragschließenden Seiten von der Hinterlegung jeder Ratifikations- oder Annahmeurkunde.
 Artikel 9 Dieser Vertrag tritt für das vereinte Deutschland, die Französische
            Republik, das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland, die Union der
            Sozialistischen Sowjetrepubliken und die Vereinigten Staaten von Amerika am Tag der
            Hinterlegung der letzten Ratifikations- oder Annahmeurkunde durch diese Staaten in Kraft. Artikel 10 Die Urschrift dieses Vertrages, dessen deutscher, englischer,
            französischer und russischer Wortlaut gleichermaßen verbindlich ist, wird bei der
            Regierung der Bundesrepublik Deutschland hinterlegt, die den Regierungen der anderen
            vertragschließenden Seiten beglaubigte Ausfertigungen übermittelt.
 
 ZU URKUND DESSEN haben die unterzeichneten, hierzu gehörig Bevollmächtigten diesen
            Vertrag unterschrieben.
 
 GESCHEHEN zu Moskau am 12. September 1990
 Für die Bundesrepublik DeutschlandHans-Dietrich Genscher
 
 Für die Deutsche Demokratische Republik
 Lothar de Maizière
 
 Für die Französische Republik
 Roland Dumas
 
 Für das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland
 Douglas Hurd
 
 Für die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken
 Eduard Schewardnadse
 
 Für die Vereinigten Staaten von Amerika
 James A. Baker III
 
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